Interview mit Frank A. Reinhardt: „Mit völlig staubfreien Farben zum Lifestyle-Bad“

Foto: Andreas Körner, Bildhübsche Fotografie
Hintergrund: Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) e.V., Messe Frankfurt Exhibition GmbH
Alte
Farben, moderne Töne, neue Kombinationen: Im Badezimmer wird es bunt.
Designexperte Frank A. Reinhardt von der Kölner Trendagentur far.consulting
erklärt, warum Weiß als Standardfarbe im Badezimmer Konkurrenz bekommt und
nennt die aussichtsreichsten Kandidaten für den längst fälligen farbigen
Machtwechsel.

Frank A.
Reinhardt, Inhaber einer Agentur für Content-Entwicklung und -kommunikation,
analysiert seit über 20 Jahren die Transformation von Produkten durch Medien,
Konsumenten und den Zeitgeist. Der diplomierte Produktdesigner war als
Produktmanager tätigt, publizierte als Journalist und freier Redakteur in
Fachmagazinen (Sanitärdesign, Wohnen & Lifestyle, Marketing, Produkt- und
Kommunikationsdesign) und veröffentlichte Studien zur Konsumforschung. Heute
betreut seine Kölner Agentur Industrieunternehmen, Verbände und
Messegesellschaften und versorgt sie mit Konzepten, Bildern, Events, Videos und
Texten. Foto: Andreas Körner, Bildhübsche Fotografie
Herr Reinhardt, Sie sagen, das Badezimmer wird wohnlicher. Warum?
Das Bad wird nun einmal zunehmend als
Lifestyle-Badezimmer wahrgenommen und auch so genutzt. Und auch wenn die
Anforderungen an die Hygiene und die Wasserfestigkeit nicht ignoriert werden
dürfen, kann das Badezimmer doch an Boden und Wand wohnlich gestaltet werden.
Auf der Suche nach Gestaltungselementen, die dem klassischen Weiß kühler, aber
vertrauter sanitärer Ausstattung eine warme Note hinzufügen können, griffen
Badgestalter in den letzten Jahren gerne zu Holz oder Holztönen. Jetzt geht man
da auch schon mal gerne einen Schritt weiter. Das Angebot entwickelt sich
sukzessive mit dem Mut der Badgestalter. Ausgewählte farbige Sanitärprodukte
oder Möbel mit farbigen Oberflächen unterstützen den Trend zum wohnlich
gestylten Bad. Hinzu kommen Einrichtungsstücke wie ein Stuhl oder eine schöne
Leuchte – fertig ist das Lifestyle-Badezimmer.
Welche Gestaltungselemente prägen dabei den farblichen Gesamteindruck?
Aktuell geben hier die Möbeloberflächen den
Ton an. Noch sehen wir überwiegend weiße Keramik- oder Mineralwaschtische, doch
es sind die Möbel, die den Raumeindruck prägen. Farbige Armaturen und
Accessoires unterstützen eine raumbestimmende Farbe. Im Interior Design sind
einfarbige Farbflächen gerade angesagt, Muster werden als Akzentgeber eingesetzt.
So wird die Bedeutung der Farben in der Einrichtung erhöht und als dominant
wahrgenommen. Und diese Einrichtungstrends übertragen sich auch ins
Lifestyle-Badezimmer. Wir sehen aber auch, dass zunehmend Keramik-Produkte wie
Waschtisch oder WC in farbigen Varianten ausgewählt werden. Dieser Trend kommt
vor allem aus dem südlichen Europa.
Müssen es denn zwingend Sanitärprodukte sein, über die Farbe ins Badezimmer kommt?
Das ist eher eine Frage des Wollens oder des
Könnens. Nehmen wir die Farbe Grün, die in der Einrichtung aktuell sehr wichtig
ist. Außer Lackoberflächen bei Badmöbeln gibt es im Sanitärbereich derzeit kaum
Produkte mit der Farbe Grün – ich glaube, da sitzt das aus den 70er-Jahren
stammende Moosgrün-Trauma noch zu tief. Dabei gibt es heute ganz moderne
Grüntöne, die eine tolle Atmosphäre im Raum schaffen. Bis ein Farbtrend sich
durchsetzt und die Nachfrage groß genug ist, um von den Sanitärherstellern
aufgegriffen zu werden, kann es natürlich ein wenig dauern. Hier übernehmen
dann oft Wand und Decke eine wichtige Funktion. Auch Pflanzen, die für die
Verwendung im Badezimmer geeignet sind, verstärken die grüne Optik. Und wenn
wassersparende Armaturen, eine Zwei-Tasten-Betätigung beim WC und ein
spülrandloses, gut zu reinigendes WC verwendet werden, ist das Badezimmer nicht
nur optisch grün, sondern auch ökologisch sinnvoll gestaltet.
Sie propagieren mehr Mut zur Farbe im Bad. Auf der anderen Seite bezeichnen Sie ausgerechnet Weiß als Trendfarbe. Ist das nicht ein Widerspruch?
Prinzipiell ist die Trendlandschaft ja
durchaus widersprüchlich. Im Badezimmer spielt aber auch die Historie eine Rolle,
in der Weiß als die Neutralfarbe schlechthin seit jeher Standard ist. Aber
schauen wir auf den Kontext, wird schnell deutlich, dass Weiß auch noch ganz
andere Qualitäten hat: Es hebt andere Farben, es neutralisiert Widersprüche
zwischen Architektur und Möbel, es entgrenzt Räume. Das ist gerade für
minimalistische Einrichtungskonzepte sehr wertvoll, und die verbreiten sich
nach einer langen Landhaus- und Vintage-Phase wieder. Vor allem im Neubau sind
Häuser im Bauhaus-Stil populär. Der Look ist also nicht erst mit dem
anstehenden 100-jährigen Geburtstags der Gestaltungsschule wieder in den Fokus
gerückt. Der Bauhaus-Stil steht für Minimalismus und Klarheit. Die Farbe Weiß
transportiert dabei die Werte des Bauhaus-Stils unmittelbar und ist eine ideale
Plattform für additive Farbelemente. Aber auch in wohnlich abgetönten Varianten
ist Weiß im Interior Design angesagt. Da Weiß im Badezimmer aber schon seit
Jahrzenten die erste Farbwahl ist, wird dieser Trend im Badezimmer nur eben
nicht so offensichtlich. Damit ist es einfach schwerer, Weiß im Badezimmer so
zu verwenden, dass seine Modernität sichtbar wird.
Welche Farben sind denn sonst noch wichtig?
Wir haben bei der Pop up my Bathroom „Colour
Selection“ insgesamt 12 Farbtrends lokalisiert und benannt. Ich persönliche
finde zum Beispiel die Wiederkehr von Blau im Badezimmer interessant.
Farbtrends bewegen sich ja in zeitlichen Wellen. Blau war in den 1970er- und
80er-Jahren ein großes Thema. Nun kommen ganz moderne Blau-Varianten ins
Badezimmer – teils auch mit Metallic-Effekten, wie zum Beispiel bei der
Badewanne BetteLux Oval Silhouette in Blue Satin. Bei den Lackoberflächen gibt
es diverse Blautöne, wie etwa im Sys30-Programm von Burgbad. Prinzipiell passen
auch Pastell-Töne sehr gut ins Badezimmer – es wirkt dann besonders luftig und
fröhlich, also perfekt für den Start in den Morgen. Die Badgestaltung kann
sogar so weit gehen, dass gleich mehrere Farben zu einem bunten Bad gemixt werden.
Wenn man es lieber wohnlich mag: Welche Farben unterstützen den Trend zum Lifestyle-Badezimmer?
Neben dem modernen Grau, das ideal mit
anderen Farben und Natur-Materialien kombiniert werden kann, ist es in der Tat
die Braun-Palette. Helles Holz und hier vor allem helle Eiche bringt sofort
Gemütlichkeit ins Bad. Im Zusammenspiel mit Accessoires in ergänzenden
aktuellen Akzentfarben – etwa in Petrol, Türkis, Orange, einem ins Beige
gehenden Altrosa („Millennial Pink“), Ultraviolett oder mit zu Olive und Braun
passenden Senftupfern – wird das Badezimmer mit völlig staubfreien Brauntönen
zum Lifestyle-Bad. Auch mit einer ausgesprochenen Trendfarbe wie dem
aktuell von Pantone zur Farbe des Jahres deklarierten Koralle lässt sich
natürlich ein starkes Statement abgeben. Solche Modefarben lassen sich
gefahrlos durch Accessoires oder Wandgestaltungen in ein Lifestyle-Badezimmer
bringen, doch kann man kaum erwarten, dass die großen Produzenten Kollektionen
in entsprechender Auflage stemmen. Da fehlt es schlicht an Abnehmern. Nur die
ganz Mutigen werden da zugreifen. Aber wenn doch, so lässt sich Koralle
wunderbar mit Braun- und Grüntönen erden!
Und wenn man sich nicht so gerne auf eine Farbe festlegen will?
Bei unserem Trendkonzept muss nicht unbedingt
ein bestimmter Trend-Farbton im Mittelpunkt stehen. Im Gegenteil: Farbkonzepte
mit Farbharmonien oder Farbklängen sind sehr angesagt. Sie verleihen einem
Badezimmer auch bei mutiger Farbwahl eine ruhige Ausstrahlung. Eine Farbe
übernimmt hierbei die Vorherrschaft in der Gestaltung, und drei bis vier andere
ergänzen sie zu einem harmonischen Gesamtbild. Wer eine spannungsvolle
Farbgebung bevorzugt, liegt hier richtig. Die richtige Kombination zu finden,
ist aber nicht leicht, auch wenn es bereits Apps gibt, die genau diese
Farbharmonien darstellen, zum Beispiel von Adobe oder NCS. Dennoch kann es sich
hier lohnen, einen Profi ranzulassen, insbesondere, wenn es dabei um mehr als
ein bisschen Wandfarbe geht und man auch in die Lichtgebung investieren will.
Licht und Farbe müssen ganzheitlich geplant werden?
Wenn wir über Farbe reden, müssen wir auch
über eine professionelle Lichtplanung sprechen. Es ist überraschend, wie Farben
sich im Tagesablauf verändern – vom morgendlichen Sonnenschein bis hin zur
Nutzung am Abend. Doch mit moderner LED-Technologie erfährt das Bad in Sachen
Lichtplanung eine neue Entwicklungsstufe.
Wird die Planung eines Lifestyle-Badezimmers nicht zunehmend komplexer?
Mit der Farbe und dem Lifestyle-Badezimmer
kommt eine zusätzliche Planungsebene in die Badplanung. Steht am Anfang einer Badplanung
die Analyse der Bedürfnisse der Badnutzer im Vordergrund, werden im zweiten
Schritt das Interior Design und die persönlichen Geschmackswelten festgelegt.
Das kann man vergleichen mit der Umsetzung einer Website: Erst werden die
Anforderungen und die inhaltliche Struktur definiert, und dann erst macht man
sich Gedanken über das Layout. Inhalt und Gestaltung sind getrennt – so geht es
im Planungsprozess nicht drunter und drüber. Diese Vorgehensweise hat auch den
Vorteil, dass sich ein Lifestyle-Badezimmer, sollte man sich satt gesehen
haben, nach ein paar Jahren auch mal updaten lässt.
Bleibt zum Schluss noch die Frage, wie denn Ihr Badezimmer aussieht?
Tatsächlich haben wir gerade unser Badezimmer
neu gebaut und haben auf Funktionalität und Lifestyle Wert gelegt. Wir freuen
uns auf eine bodenebene, große Dusche, eine Badewanne, die das Wasser gradgenau
automatisch einlaufen lässt und auf ein Dusch-WC, das uns jeden Tag einen neuen
Standard der Intim-Hygiene bringt. Der große Waschtisch bietet viel
Bewegungsfreiheit und Stauraum, sodass wir uns selbst bei einem stressigen
Morgenstart nicht familiär überwerfen. Der in die Wand eingelassene
Spiegelschrank ist echt cool, würde beim nächsten Mal aber sicherlich mit einer
Spiegelheizung gekauft. Bei der Gestaltung haben wir nicht nur auf Wandfliesen
im Bereich von Vorwandelementen gesetzt, sondern auch mit einer Holzvertäfelung
gearbeitet. Diese bringt zusammen mit einer außerhalb des Spritzbereichs
angebrachten Tapete Wohnlichkeit ins Badezimmer. Eine Outdoorlampe in der
abstrahierten Form eines Kronleuchters unterstützt das noch. Bei der Farbwahl
waren wir ein bisschen mutig: ein Altrosa ist die führende Farbe im
Zusammenspiel mit Greige, Weiß und Eiche.