Pop up my Bathroom - Colour Selection

Interview mit Frank A. Reinhardt: „Mit völlig staubfreien Farben zum Lifestyle-Bad“

05/19
Interview Frank A. Reinhardt

Alte Farben, moderne Töne, neue Kombinationen: Im Badezimmer wird es bunt. Designexperte Frank A. Reinhardt von der Kölner Trendagentur far.consulting erklärt, warum Weiß als Standardfarbe im Badezimmer Konkurrenz bekommt und nennt die aussichtsreichsten Kandidaten für den längst fälligen farbigen Machtwechsel.

Frank A. Reinhardt, Inhaber einer Agentur für Content-Entwicklung und -kommunikation, analysiert seit über 20 Jahren die Transformation von Produkten durch Medien, Konsumenten und den Zeitgeist. Der diplomierte Produktdesigner war als Produktmanager tätigt, publizierte als Journalist und freier Redakteur in Fachmagazinen (Sanitärdesign, Wohnen & Lifestyle, Marketing, Produkt- und Kommunikationsdesign) und veröffentlichte Studien zur Konsumforschung. Heute betreut seine Kölner Agentur Industrieunternehmen, Verbände und Messegesellschaften und versorgt sie mit Konzepten, Bildern, Events, Videos und Texten. Foto: Andreas Körner, Bildhübsche Fotografie

Herr Reinhardt, Sie sagen, das Badezimmer wird wohnlicher. Warum?

Das Bad wird nun einmal zunehmend als Lifestyle-Badezimmer wahrgenommen und auch so genutzt. Und auch wenn die Anforderungen an die Hygiene und die Wasserfestigkeit nicht ignoriert werden dürfen, kann das Badezimmer doch an Boden und Wand wohnlich gestaltet werden. Auf der Suche nach Gestaltungselementen, die dem klassischen Weiß kühler, aber vertrauter sanitärer Ausstattung eine warme Note hinzufügen können, griffen Badgestalter in den letzten Jahren gerne zu Holz oder Holztönen. Jetzt geht man da auch schon mal gerne einen Schritt weiter. Das Angebot entwickelt sich sukzessive mit dem Mut der Badgestalter. Ausgewählte farbige Sanitärprodukte oder Möbel mit farbigen Oberflächen unterstützen den Trend zum wohnlich gestylten Bad. Hinzu kommen Einrichtungsstücke wie ein Stuhl oder eine schöne Leuchte – fertig ist das Lifestyle-Badezimmer.

Welche Gestaltungselemente prägen dabei den farblichen Gesamteindruck?

Aktuell geben hier die Möbeloberflächen den Ton an. Noch sehen wir überwiegend weiße Keramik- oder Mineralwaschtische, doch es sind die Möbel, die den Raumeindruck prägen. Farbige Armaturen und Accessoires unterstützen eine raumbestimmende Farbe. Im Interior Design sind einfarbige Farbflächen gerade angesagt, Muster werden als Akzentgeber eingesetzt. So wird die Bedeutung der Farben in der Einrichtung erhöht und als dominant wahrgenommen. Und diese Einrichtungstrends übertragen sich auch ins Lifestyle-Badezimmer. Wir sehen aber auch, dass zunehmend Keramik-Produkte wie Waschtisch oder WC in farbigen Varianten ausgewählt werden. Dieser Trend kommt vor allem aus dem südlichen Europa.

Müssen es denn zwingend Sanitärprodukte sein, über die Farbe ins Badezimmer kommt?

Das ist eher eine Frage des Wollens oder des Könnens. Nehmen wir die Farbe Grün, die in der Einrichtung aktuell sehr wichtig ist. Außer Lackoberflächen bei Badmöbeln gibt es im Sanitärbereich derzeit kaum Produkte mit der Farbe Grün – ich glaube, da sitzt das aus den 70er-Jahren stammende Moosgrün-Trauma noch zu tief. Dabei gibt es heute ganz moderne Grüntöne, die eine tolle Atmosphäre im Raum schaffen. Bis ein Farbtrend sich durchsetzt und die Nachfrage groß genug ist, um von den Sanitärherstellern aufgegriffen zu werden, kann es natürlich ein wenig dauern. Hier übernehmen dann oft Wand und Decke eine wichtige Funktion. Auch Pflanzen, die für die Verwendung im Badezimmer geeignet sind, verstärken die grüne Optik. Und wenn wassersparende Armaturen, eine Zwei-Tasten-Betätigung beim WC und ein spülrandloses, gut zu reinigendes WC verwendet werden, ist das Badezimmer nicht nur optisch grün, sondern auch ökologisch sinnvoll gestaltet.

Sie propagieren mehr Mut zur Farbe im Bad. Auf der anderen Seite bezeichnen Sie ausgerechnet Weiß als Trendfarbe. Ist das nicht ein Widerspruch?

Prinzipiell ist die Trendlandschaft ja durchaus widersprüchlich. Im Badezimmer spielt aber auch die Historie eine Rolle, in der Weiß als die Neutralfarbe schlechthin seit jeher Standard ist. Aber schauen wir auf den Kontext, wird schnell deutlich, dass Weiß auch noch ganz andere Qualitäten hat: Es hebt andere Farben, es neutralisiert Widersprüche zwischen Architektur und Möbel, es entgrenzt Räume. Das ist gerade für minimalistische Einrichtungskonzepte sehr wertvoll, und die verbreiten sich nach einer langen Landhaus- und Vintage-Phase wieder. Vor allem im Neubau sind Häuser im Bauhaus-Stil populär. Der Look ist also nicht erst mit dem anstehenden 100-jährigen Geburtstags der Gestaltungsschule wieder in den Fokus gerückt. Der Bauhaus-Stil steht für Minimalismus und Klarheit. Die Farbe Weiß transportiert dabei die Werte des Bauhaus-Stils unmittelbar und ist eine ideale Plattform für additive Farbelemente. Aber auch in wohnlich abgetönten Varianten ist Weiß im Interior Design angesagt. Da Weiß im Badezimmer aber schon seit Jahrzenten die erste Farbwahl ist, wird dieser Trend im Badezimmer nur eben nicht so offensichtlich. Damit ist es einfach schwerer, Weiß im Badezimmer so zu verwenden, dass seine Modernität sichtbar wird.

Welche Farben sind denn sonst noch wichtig?

Wir haben bei der Pop up my Bathroom „Colour Selection“ insgesamt 12 Farbtrends lokalisiert und benannt. Ich persönliche finde zum Beispiel die Wiederkehr von Blau im Badezimmer interessant. Farbtrends bewegen sich ja in zeitlichen Wellen. Blau war in den 1970er- und 80er-Jahren ein großes Thema. Nun kommen ganz moderne Blau-Varianten ins Badezimmer – teils auch mit Metallic-Effekten, wie zum Beispiel bei der Badewanne BetteLux Oval Silhouette in Blue Satin. Bei den Lackoberflächen gibt es diverse Blautöne, wie etwa im Sys30-Programm von Burgbad. Prinzipiell passen auch Pastell-Töne sehr gut ins Badezimmer – es wirkt dann besonders luftig und fröhlich, also perfekt für den Start in den Morgen. Die Badgestaltung kann sogar so weit gehen, dass gleich mehrere Farben zu einem bunten Bad gemixt werden.

Wenn  man es lieber wohnlich mag: Welche Farben unterstützen den Trend zum Lifestyle-Badezimmer?

Neben dem modernen Grau, das ideal mit anderen Farben und Natur-Materialien kombiniert werden kann, ist es in der Tat die Braun-Palette. Helles Holz und hier vor allem helle Eiche bringt sofort Gemütlichkeit ins Bad. Im Zusammenspiel mit Accessoires in ergänzenden aktuellen Akzentfarben – etwa in Petrol, Türkis, Orange, einem ins Beige gehenden Altrosa („Millennial Pink“), Ultraviolett oder mit zu Olive und Braun passenden Senftupfern – wird das Badezimmer mit völlig staubfreien Brauntönen zum Lifestyle-Bad. Auch mit einer ausgesprochenen Trendfarbe wie dem aktuell von Pantone zur Farbe des Jahres deklarierten Koralle lässt sich natürlich ein starkes Statement abgeben. Solche Modefarben lassen sich gefahrlos durch Accessoires oder Wandgestaltungen in ein Lifestyle-Badezimmer bringen, doch kann man kaum erwarten, dass die großen Produzenten Kollektionen in entsprechender Auflage stemmen. Da fehlt es schlicht an Abnehmern. Nur die ganz Mutigen werden da zugreifen. Aber wenn doch, so lässt sich Koralle wunderbar mit Braun- und Grüntönen erden!

Und wenn man sich nicht so gerne auf eine Farbe festlegen will?


Bei unserem Trendkonzept muss nicht unbedingt ein bestimmter Trend-Farbton im Mittelpunkt stehen. Im Gegenteil: Farbkonzepte mit Farbharmonien oder Farbklängen sind sehr angesagt. Sie verleihen einem Badezimmer auch bei mutiger Farbwahl eine ruhige Ausstrahlung. Eine Farbe übernimmt hierbei die Vorherrschaft in der Gestaltung, und drei bis vier andere ergänzen sie zu einem harmonischen Gesamtbild. Wer eine spannungsvolle Farbgebung bevorzugt, liegt hier richtig. Die richtige Kombination zu finden, ist aber nicht leicht, auch wenn es bereits Apps gibt, die genau diese Farbharmonien darstellen, zum Beispiel von Adobe oder NCS. Dennoch kann es sich hier lohnen, einen Profi ranzulassen, insbesondere, wenn es dabei um mehr als ein bisschen Wandfarbe geht und man auch in die Lichtgebung investieren will.

Licht und Farbe müssen ganzheitlich geplant werden?

Wenn wir über Farbe reden, müssen wir auch über eine professionelle Lichtplanung sprechen. Es ist überraschend, wie Farben sich im Tagesablauf verändern – vom morgendlichen Sonnenschein bis hin zur Nutzung am Abend. Doch mit moderner LED-Technologie erfährt das Bad in Sachen Lichtplanung eine neue Entwicklungsstufe.

Wird die Planung eines Lifestyle-Badezimmers nicht zunehmend komplexer?

Mit der Farbe und dem Lifestyle-Badezimmer kommt eine zusätzliche Planungsebene in die Badplanung. Steht am Anfang einer Badplanung die Analyse der Bedürfnisse der Badnutzer im Vordergrund, werden im zweiten Schritt das Interior Design und die persönlichen Geschmackswelten festgelegt. Das kann man vergleichen mit der Umsetzung einer Website: Erst werden die Anforderungen und die inhaltliche Struktur definiert, und dann erst macht man sich Gedanken über das Layout. Inhalt und Gestaltung sind getrennt – so geht es im Planungsprozess nicht drunter und drüber. Diese Vorgehensweise hat auch den Vorteil, dass sich ein Lifestyle-Badezimmer, sollte man sich satt gesehen haben, nach ein paar Jahren auch mal updaten lässt.

Bleibt zum Schluss noch die Frage, wie denn Ihr Badezimmer aussieht?

Tatsächlich haben wir gerade unser Badezimmer neu gebaut und haben auf Funktionalität und Lifestyle Wert gelegt. Wir freuen uns auf eine bodenebene, große Dusche, eine Badewanne, die das Wasser gradgenau automatisch einlaufen lässt und auf ein Dusch-WC, das uns jeden Tag einen neuen Standard der Intim-Hygiene bringt. Der große Waschtisch bietet viel Bewegungsfreiheit und Stauraum, sodass wir uns selbst bei einem stressigen Morgenstart nicht familiär überwerfen. Der in die Wand eingelassene Spiegelschrank ist echt cool, würde beim nächsten Mal aber sicherlich mit einer Spiegelheizung gekauft. Bei der Gestaltung haben wir nicht nur auf Wandfliesen im Bereich von Vorwandelementen gesetzt, sondern auch mit einer Holzvertäfelung gearbeitet. Diese bringt zusammen mit einer außerhalb des Spritzbereichs angebrachten Tapete Wohnlichkeit ins Badezimmer. Eine Outdoorlampe in der abstrahierten Form eines Kronleuchters unterstützt das noch. Bei der Farbwahl waren wir ein bisschen mutig: ein Altrosa ist die führende Farbe im Zusammenspiel mit Greige, Weiß und Eiche.