„Nutzerbedürfnisse sind integraler Bestandteil der Badplanung.“

03/25

Das Badezimmer gilt im Interior Design als Spezialdisziplin, in dem Badplaner über Designkompetenz, technisches Wissen sowie einen guten Überblick über aktuell verfügbare Produkte verfügen müssen. Hilfestellung hierbei erhalten sie seit einigen Jahren durch die Plattform Pop up my Bathroom – einer anlässlich der ISH ins Leben gerufenen Initiative der VDS und der Messe Frankfurt. Auch dieses Jahr werden bei Pop up my Bathroom die Entwicklungen im Badezimmer wieder im Rahmen einer Trendausstellung auf der ISH (17. – 21. März 2025) beschrieben. Trendforscher und Design-Journalist Frank A. Reinhardt gibt einen Ausblick auf die Trends, die dieses Mal im Mittelpunkt stehen.

Herr Reinhardt, Sie sind Initiator und Kurator vom Trendforum Pop up my Bathroom auf der ISH 2025. Kann man im Badezimmer überhaupt von Trends sprechen?


Ja, natürlich. Zwar sind Trendentwicklungen im Badezimmer nicht so schnelllebig wie in anderen Wohnbereichen. Aber wir können dennoch gesellschaftliche, technische und natürlich auch dekorative Trends beobachten. Aktuell verfolgen wir die nachhaltige Entwicklung des Badezimmers vom rein funktionalen Raum zum Lifestyle-Zimmer – mit allen dazugehörigen Veränderungen bei der Badplanung und beim Styling.

Das ist aber jetzt keine neue Entwicklung?


Nein. Wir begleiten diese Entwicklung, seit wir 2007 zusammen mit der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft und der Messe Frankfurt mit dem Trendforum Pop up my Bathroom gestartet sind. Dennoch erhält dieser Trend immer wieder neue Impulse aus verschiedenen Richtungen. Zudem ist die Entwicklung des Badezimmers zum vollwertigen Wohnraum konzeptionell und in vielen Musterbeispielen schon sehr weit. Doch auch wenn dies dem Wunsch der Badezimmer-Nutzer und -Nutzerinnen und der teils gelebten Badkultur entspricht und somit eine hohe ästhetische und wohnliche Qualität des Badezimmers erwarten lässt, lösen die Bäder diesen Anspruch in der Realität noch zu selten ein. Dabei berufe ich mich auf eine aktuelle Studie Badezimmer in Deutschland, die von der VDS zusammen mit dem Marktforschungsinstitut forsa erstellt wurde. Viele Bäder warten demnach auf ein Trend-Update. In der visuellen Auswertung von eingesandten Fotos von Bestandsbadezimmern wurde zudem beispielhaft festgestellt, dass über 80% der untersuchten Badezimmer kein einheitliches Gestaltungskonzept erkennen lassen.

Auf der vergangenen ISH 2023 haben Sie bereits das Sustainable Bathroom präsentiert. Welche Entwicklungen beobachten Sie seitdem in diesem Bereich?


Das Thema ist natürlich auch noch auf der ISH 2025 präsent und wird die Badplanung auch in Zukunft nachhaltig beeinflussen. Im ersten Schritt werden wir im Badezimmer Wasser, Energie und Reinigungsmittel sparen. Das ist sehr gut. Allein rund um das WC haben wir in den letzten Jahren einen Innovationssprung beobachten können. Auch im Bereich Armaturen tut sich viel. Schon dadurch wird klar, dass eine Sanierung nicht nur stilistische Veränderungen mit sich bringt. Dennoch werden Badsanierungen immer noch so weit wie möglich hinausgezögert. Eine lange Nutzungsdauer, das hat die Studie #germanbathrooms dokumentiert, zeigt aber auch, dass qualitativ hochwertige Sanitärprodukte eine lange Lebensdauer besitzen. Das ist ein aktiver Beitrag zur Nachhaltigkeit – auch wenn die Sanitärwirtschaft natürlich gerne technischen Fortschritt umsetzen und neue Bäder planen, verkaufen und realisieren möchte.

Welche Trends sind denn aus Ihrer Sicht immer noch gültig?


Auf der ISH 2019 haben wir eine neue Farbigkeit im Badezimmer ausgerufen. Im Rückblick sind wir von der anschließenden Entwicklung überwältigt. Es kommt wieder Farbe ins Badezimmer – und Farbe ist ja nicht gleich bunt, sondern umfasst auch die schon lange angesagte Neutralpalette etwa an Grau- und Beigetönen bis hin zu den derzeit angesagten natürlichen Rosétönen. Und wir haben dazu beigetragen, diesem Trend die Türen zu öffnen, einen Paradigmenwechsel einzuleiten. Das ist sowohl bei Badmöbeln als auch bei Armaturen gut erkennbar. Aktuelle Badplanungen beinhalten heute ein stimmiges Farbkonzept. Auch das zuletzt thematisierte Tiny Bathroom ist so aktuell wie nie. Wir haben auf der ISH 2023 die Bedeutung des kleinen Badezimmers als Königsdisziplin der Badplanung unterstrichen. Allein in Deutschland sind ein Viertel der Bäder Schlauchbäder. Hier sind kluge und innovative Stauraumlösungen gefragt. Wichtige Trends im Badezimmer sind Marathon-Läufer: Die Themen Lifestyle, Nachhaltigkeit, Stauraum und Farbe sind die Dauerbrenner-Trends im Bad.

Zur aktuellen ISH 2025 kommt ein neuer Trend hinzu: Human Scale. Was bedeutet das?


Bei Pop up my Bathroom steht dieses Mal ganz der Mensch im Mittelpunkt. Er gibt den Maßstab vor für Badezimmer-Layout, Ausstattungsfunktionen und Design. Weltweit wächst die Erkenntnis, dass wir uns zur Lösung der Zukunftsprobleme stärker am Menschen und seinen Bedürfnissen orientieren müssen. Das gilt für Architektur und Städteplanung genauso wie für barrierefreie Angebote oder ergonomische und individualisierte Produkte. Mit den Inszenierungen auf dem Trendareal in Halle 3.1. soll den Messebesuchern bewusstwerden, wie sehr die Nutzerbedürfnisse integraler Bestandteil der Badplanung sind. Es sind die alltäglichen Verrichtungen und die besonderen Momente, die Auszeiten, das Körpererleben und die Tagesrituale, die das Badezimmer zu einem echten Wohn- und Lebensraum machen. Die Bedürfnisse des Badnutzers, seine Individualität und seine individuelle Ansprache rücken immer stärker in den Fokus – nicht nur bei den Kaufentscheidungen, sondern auch bei der Entwicklung und Vermarktung von Angeboten. Wir laden alle Besucher der ISH 2025 ein, mit uns die Bedeutung dieser weltweit spürbaren Perspektiv-Verschiebung zu erleben.

Das klingt nach einem Thema, das den Bad-Profis wertvolle Lösungsansätze liefern könnte. Hat diese Entwicklung denn auch konkrete Auswirkungen auf der dekorativen Ebene?


Das Badezimmer wird immer mehr ein Ort, an dem wir uns Wohlfühlen, entspannen und uns regenerieren wollen. Das hat unmittelbaren Einfluss auf die Badgestaltung. Das kann sich in natürlichen Materialien, wohnlichen Farben und weichen Formen im Bad zeigen, aber auch in Customisation. Eine ganzheitliche Badplanung wird daher immer wichtiger, die Gestaltung von Wand und Boden werden aufeinander abgestimmt. Derzeit sind großformatige Fliesen oder gespachtelte Oberflächen ein zunehmend beliebtes Tool, um das tradierte Bild vom Bad aufzubrechen. Das Badezimmer wird aufgewertet und erhält eine gleichwertig hohe Wohnqualität wie eine moderne Küche oder ein Wohnzimmer. Die menschenorientierte Badplanung liefert dabei das notwendige Storytelling für innovative Badezimmer.

Was verstehen Sie Sie unter menschenorientierte Badplanung?


Wir beschäftigen uns mit diesem wichtigen ISH-Trend seit einem guten Jahr. Wir haben die Tätigkeiten, Bedürfnisse und Anforderungen an die Badplanung untersucht und über 300 verschiedene und individuell unterschiedliche Anforderungen der Menschen an das Badezimmer ermittelt. Klar: Hände waschen, duschen, baden – das gehört zu den Grundfunktionen im Badezimmer. Aber es ist die Vielzahl an vielen weiteren Handlungsmöglichkeiten, die das Badezimmer zu einem ausgesprochenen Multifunktionsraum in der Wohnung macht. Unser Anforderungskatalog ist ein Kompendium für die menschenorientierte Badplanung und ist im Pop-up-my-Bathroom-Online-Magazin zu finden.

Und warum sollten Badplaner und Architekten die ISH 2025 besuchen?


Neben der Pop-up-my-Bathroom-Trendausstellung und dem hochkarätig besetzten Vortragsforum Design Plaza mit zahlreichen Diskussionsrunden und Trendvorträgen mit Experten und Entscheidern der Branche erhalten die Besucher einen einmaligen Überblick über aktuelle Produkt- und Prozess-Entwicklungen im ISH-Lösungsfeld Sanitärräume. Die Sanitärwirtschaft unterliegt permanent Veränderungen – umso mehr in Zeiten von wirtschaftlicher Transformation und gesellschaftlicher Umbrüche. Die Weltleitmesse ISH bildet genau diese Entwicklungen ab und macht Fortschritt und künftige Entwicklungspotenziale sichtbar.