Wandhängend vs. bodenstehend

In
Deutschland sind wandhängende Waschtischkombinationen und Keramik-Produkte ein
Indikator für ein modernes Badezimmer. Bodenstehende Möbel bieten in der
Badplanung interessante Gestaltungsalternativen.
Fotos: Duravit
Hintergrund: Villeroy & Boch
Die wandhängende Montage von Waschtisch & Co. ist
heute Standard. In den meisten Lifestyle-Badezimmern scheinen die Sanitärobjekte
vom WC bis zum Badmöbel fast über dem Boden zu schweben. Es gibt aber auch gute
Gründe, warum (wieder mehr) bodenstehende Objekte bei einer modernen Badplanung
zum Einsatz kommen.
Die Geschichte des Badezimmers ist immer wieder neu
geschrieben worden. Dabei erhält sie Impulse zumeist durch technische
Errungenschaften und Materialinnovativen oder entwickelt sich konform zu den
Bedürfnissen der Menschen und den architektonischen Rahmenbedingungen. Aus der Körperpflegekultur
und der technischen Ausstattung heraus entwickelten sich Produkt-Traditionen
und ästhetische Archetypen. So war eine Waschschüssel mit einem Wasserkrug auf der
Kommode im Schlafzimmer lange Zeit ein stilbildendendes Einrichtungselement für
die Morgentoilette. Der Siegeszug des bodenstehenden WCs basiert allein auf den
technischen Gegebenheiten der Hausinstallation. Und die Installation von
wandhängenden WCs oder Bidets war erst mit der Montage eines Ständerwerks
möglich und ist heute Standard im modernen Häuserbau.
Stabile Wandhängung

Die Anbringung von WCs, Dusch-WCs oder Bidet oder
Waschtisch-Kombinationen ist im modernen Badezimmer keine Herausforderung: Die
Vorwand ist Montage- und Technik-Modul zugleich.
Foto: Geberit GIS
Nichtsdestotrotz ist die Anbringung von wandhängenden
Waschtischen und Waschtischunterschränken auch heute noch eine Herausforderung.
Die Nutzung einer Vorwand erleichtert die Montage dabei deutlich. Wenn die
Möbel-Kombination direkt an der Wand befestigt werden muss, kann sich die
notwendige Verwendung größerer Dübel als problematisch erweisen. Wasser- und
stromführende Leitungen sowie die Abflussleitung können die Anbringung
beeinflussen und erschweren. Auch poröses Mauerwerk ist keine gute Grundlage
für die Wandinstallation der Waschtische. Badmöbelhersteller stellen hierfür in
der Regel eigene Befestigungssysteme zur Verfügung, die bei der Montage eine
Feineinstellung ermöglichen. Das Zusammenspiel der Kräfte in Verbindung mit
einer punktuellen Aufhängung an der Wand soll für eine stabile Wandhängung
sorgen. Genutzter Stauraum, Möbel, Keramik-Waschtische, Armaturen und weitere
Belastungen müssen aufgefangen werden.
Die Anbringung von WCs, Dusch-WCs oder Bidet ist im modernen
Badezimmer keine Herausforderung. Genormte Ständerwerke verschwinden in der
Wand und nehmen zugleich den notwendigen Behälter für eine nachhaltige
Zwei-Mengen-Wasserspülung auf. Die Sanitärprodukte können von einem Fachbetrieb
fest und stabil montiert und bei Bedarf (z.B. aus Hygienegründen bei
Mieterwechsel) problemlos ausgetauscht werden. Dies hat sicherlich dazu
beigetragen, dass sich wandhängende Produkte im Markt durchgesetzt haben. Im
deutschsprachigen Markt kann man davon ausgehen, dass rund 90 Prozent der
angebotenen Markenprodukten für die Wandmontage im Badezimmer vorgesehen sind.
Vorteile der Wandaufhängung: moderne Optik, Reinigungsvorteile und Barrierefreiheit
Gerade in kleineren Badezimmern ist die Wahl von
wandhängenden Waschtischen und Keramik-Produkten sinnvoll, denn die scheinbar
schwebenden Ausstattungsobjekte lassen den Raum größer erscheinen. Aber auch
größere Badezimmer profitieren von der leichten Optik. So wirken größere
Waschtischanlagen, etwa mit gerade angesagten Doppelwaschtischen, gleich viel
luftiger. Durch eine integrierte LED-Beleuchtung lässt sich der Schwebeeffekt
noch verstärken. Auch die Reinigung ist mit wandhängenden Sanitärprodukten
einfacher – zumindest, solange der Fußbereich unter den Produkten nicht zur
Ablage von Kisten, Reinigungsmitteln oder einer Waage genutzt wird. Und bei
einem möglichen (begrenzten) Wasserschaden bleiben die Badprodukte von der
Überschwemmung zunächst unberührt.
Ein barrierefreies Badezimmer ist ohne wandhängende
Sanitärprodukte nicht umsetzbar. Die Bezeichnung „barrierefrei“ garantiert eine
bestimmte Ausstattungsqualität und ist für Wohnungen in der DIN 18040-2 genau
definiert: Der Wohnraum gilt dann als barrierefrei, wenn er für Menschen ohne
fremde Hilfe und ohne besondere Erschwernis zugänglich und nutzbar ist. Der mit
einem Rollstuhl unterfahrbare Waschtisch ist somit eine Grundvorrausetzung für
ein barrierefreies Badezimmer. Aber auch ohne den Anspruch einer DIN-konformen
Badplanung gilt: Wandhängende Sanitärprodukte unterstützen grundsätzlich die
einfache Zugänglichkeit.
Mietwohnungen in Deutschland weitgehend standardisiert

Modernes Design, großzügige Optik und Vorteile bei der
Reinigung: Das wandhängende WC gehört mittlerweile zur Standardausstattung
eines modernen Badezimmers.
Foto: Hansgrohe
Für Mieter ist die Veränderung fest eingebauter
Sanitärprodukten kaum möglich. In der Regel findet der neue Mieter einen
wandhängenden Keramik-Waschtisch vor – meistens ohne Waschtischunterschrank
oder weitere Badmöbeln. Aus praktischer Sicht ergibt der Einsatz von
bodenstehenden Badmöbeln zur Komplettierung der vorhandenen Sanitärausstattung vor
allem in Mietwohnungen Sinn. Doch viele kostengünstige Lösungen für den bereits
montierten Waschtisch sind Ergänzungslösungen ohne besondere gestalterische
Handschrift.
Dabei eignen sich bodenstehende Badmöbel durchaus als
architektonisches Statement. Im aktuellen Sanitärdesign überzeugen
minimalistische Waschtischkombinationen als Wohnobjekt in der gehobenen
Badausstattung. Besonders gerne werden bodenstehende Ensembles in Hotelbädern
oder luxuriösen Apartments eingesetzt. Skulpturale Waschtische betonen sowohl das
Wohnliche als auch das Architektonische.
Bodenstehende Waschplätze: standhaft und flexibel zugleich

Die klassische Keramik-Standsäule als Waschtischlösung ist
eine sehr traditionell geprägte Gestaltungsmöglichkeit für eine bodenstehende
Variante.
Foto: Hommage von Villeroy & Boch
Dass wieder mehr bodenstehende Waschtischkombinationen im
Interior Design verwendet werden, hat vor allem ästhetische und konzeptionelle
Gründe. Sie zitieren Möbel wie Kommode und Tisch oder verwenden Metallrahmengestelle,
um an den Industrial Style zu erinnern. Sie können einen gewünschten
Vintage-Look erzeugen oder ein klassisches Ambiente schaffen, den historischen
Charakter von Altbauten und Architekturdenkmälern unterstreichen oder auch als
zonierende Objekte in modernen, loftartigen Räumen dienen.
Gerade im Objektgeschäft kann ein Badezimmer durch eine
bodenstehenden Waschtisch-Kombination vielfach aufgewertet werden. Auch namhafte
Kreative wie etwa Cécile Manz oder Philippe Starck setzen auf das standhafte
Möbel als Gestaltungs-Statement im Badezimmer. Da die Keramik nicht zwingend
eine Verbindung zu Wand eingehen muss, ist der Gestaltungsfreiraum am
Waschplatz bei einer bodenstehenden Waschplatzkombination oft vielfältiger.
Diese Trendentwicklung hat ihren Ursprung in Südeuropa – die Art der
Ausstattung und Anbringung ist auch von regionalen Traditionen und
architektonischen Rahmenbedingungen geprägt.
Bodenhaftung oder Schwebezustand?
Neben kostengünstigen Unterschränken für den bereits
montierten Keramik-Waschtisch in der Mietwohnung ist im gehobenen Objektbereich
sowie im anspruchsvollen, privaten Badezimmer ein Trend zu bodenstehenden
Sanitärprodukten zu beobachten. Aufgrund eines hohen technischen Standards sind
in Deutschland viele Bäder mit wandhängenden Waschtischkombinationen, Schränken
und WCs ausgestattet. Die wandhängende Anbringung ist nicht nur optisch ein
Gewinn im Interior Design und erleichtert die Reinigung, sondern ist für eine
barrierefreie Badplanung zwingend erforderlich. Eine wandhängende
Badausstattung wirkt oft modern und fortschrittlich, wogegen eine bodenstehende
Sanitärausstattung sich oft auf historische Vorbilder bezieht und den Möbel-Charakter
eines Sanitärprodukts intensiviert.