Umbau vom Schlaf- zum Badezimmer durch Hofmann + Wadsack Innenarchitektur

Christian Wadsack: „Ein Gespräch im Bad sollte nicht auf dem WC-Sitz enden.“

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ho.w Hofmann + Wadsack Innenarchitektur

Christian Wadsack

Mit über 25 Jahren Erfahrung in der SHK-Branche zählt Christian Wadsack zu den Spezialisten für aktuelle Badtrends und kreative Raumlösungen. Im Interview spricht der Innenarchitekt über gestalterische Handschriften in der Badplanung, Aufenthaltsqualität und darüber, was im Badezimmer auf keinen Fall fehlen darf.

Welchen Stellenwert hat das Badezimmer in der Wohnung? Bemerken Sie eine Veränderung?

Das Bad nimmt eine zentrale Stellung im Konzept für eine gesamte Wohnung ein. Es ist der privateste Raum und sollte auch so im Zusammenspiel aller Räume behandelt werden. Dafür gilt es sich intensiver mit den individuellen Nutzungsgewohnheiten der Personen, die die Wohnung bewohnen, auseinanderzusetzen. Schon der Umstand, dass es immer mehr Singlehaushalte gibt, sollte dabei zu denken geben. Das Bad entwickelt sich seit vielen Jahren immer weiter zum Lebens- und Entspannungsraum – und in der Regel funktioniert das nicht so gut auf 5 qm und raumhoch gefliest.

 

Wir begleiten seit über 25 Jahren die aktuellen Badtrends und sehen nach wie vor einen stetig wachsenden Bedarf das Bad weniger als reinen Funktionsraum zu betrachten, sondern es zu einem wirklichen Wohnraum mit echter Aufenhaltsqualität werden zu lassen.

Was macht für Sie ein gutes, privat genutztes Badezimmer aus?

Ganz klar: ein gutes Bad muss intuitiv Bedürfnisse erfüllen. In vielen Bädern stehen zu viele Widrigkeiten im Vordergrund. Wie z.B. nicht genügend Ablagefläche und / oder Stauraum, schlechte Beleuchtung (insbesondere am Spiegel), zu wenig Bewegungsflächen, keine Sitzmöglichkeiten, und so weiter. Meistens ist von vornherein am Bedarf vorbei geplant und lediglich Funktionsobjekte im Raum verteilt worden. Das reicht aber nicht, um gute Raumgestaltung zu schaffen. Ein gutes Bad zeichnet sich durch ein wirklich spürbares und auch erlebbares Raumkonzept aus, das den Gewohnheiten und Verhaltensweisen der Badnutzer gerecht wird. Alle individuellen Wünsche sollten ernst genommen und auch erfüllt werden.

Was bedeutet Badplanung für Sie? Haben Sie eine gestalterische Handschrift?

Ein Bad ist ein architektonischer Raum wie jeder andere auch. Nur, dass das Bad besondere und sehr vielfältige Herausforderungen in der Nutzung hat. Daher muss bei der Planung ganz besonders auf diese unterschiedlichen Zonen mit ihren unterschiedlichen Charaktereigenschaften eingegangen werden. Eine Wanne verlangt nach einem Gefühl von Entspannung. Das WC fordert dagegen vermutlich eher Intimität. Diese Gefühle müssen durch architektonische Mittel gefördert werden. Wir sprechen in der Innenarchitektur von „raumbildenden Ausbau“. Also bauliche Maßnahmen die den Raum in ablesbare und unterschiedliche Bereiche gliedern. Damit haben wir alle Möglichkeiten an der Hand, um über das sanitäre Ausstattungsprodukt hinaus jeder Funktion den richtigen „Raum“ zu geben. Gute Architektur ist spürbar. Eine eigene gestalterische Handschrift ergibt sich aus diesen Forderungen: Umsetzung der menschlichen Bedürfnisse und Eigenheiten in Raum, der erlebbar ist und den Anforderungen gerecht wird.

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in Ihren Konzepten? Verändert sich aktuell das Bewusstsein bzw. das Nachfrageverhalten?

Nachhaltigkeit ist richtigerweise in aller Munde. Es wird immer wichtiger diesen Forderungen und dem ökologischen Bewusstsein in der Umsetzung von Projekten auch gerecht zu werden. Somit schauen wir bei der Recherche nach den richtigen Ausstattungen auch intensiv auf die Herkunft und die Nachhaltigkeit der Produkte.

Worin unterscheidet sich – abgesehen von der technischen/sanitären Ausstattung – die Gestaltung eines Badezimmers von der Gestaltung anderer (Wohn)-Räume?

Das Bad ist nach wie vor in der Regel der kleinste Raum der Wohnung. Auf dieser Fläche müssen aber die unterschiedlichsten Nutzungsfunktionen und Ansprüche erfüllt werden. Diese Herausforderung ist nur zu meistern, indem man mit geschickten Raumlösungen die einzelnen Zonen herausarbeitet und miteinander zu einem durchgängigen Konzept verbindet. Generell lässt sich sagen, dass um so größer ein Bad ist, desto mehr gestalterischen Spielraum gibt es.  Andere (Wohn)-Räume sind meistens etwas einfacher zu strukturieren, da die Anforderungen an die Nutzung nicht die enorme Bandbreite einnimmt wie ein Badezimmer.

Wo lassen Sie sich inspirieren? Wie wichtig ist die Weltleitmesse ISH in Frankfurt in Bezug auf Badplanung und Badarchitektur? Kommen Sie im März 2023 nach Frankfurt?

Inspirationen findet man immer dort, wo Neuheiten und Trends präsentiert werden. Eine große Inspirationsquelle sind da natürlich immer die einschlägigen Messen und insbesondere die ISH in Frankfurt.  Es lohnt sich immer bei den Herstellern genauer hinzuschauen. Unsere langjährige Zusammenarbeit mit einigen Unternehmen aus der Badbranche hat uns gezeigt mit welcher Intensität und Leidenschaft hier Trends aufgespürt und diese in Produktinnovationen umgesetzt werden. Wer solche Prozesse einmal begleitet hat, wird sehr sensibel für diese Entwicklung und erkennt die Strömungen im Markt.


Weiterhin bilden natürlich alle Fachzeitschriften und Kommunikationsplattformen wie Pop up my Bathroom eine unerschöpfliche Quelle an Input für das nächste Projekt.

Wie inspirierend finden Sie die aktuelle Produktwelt der Sanitärunternehmen? Was vermissen Sie?

Die Sanitärbranche hat die aktuellen Trendströmungen schon gut erkannt und bietet viele Produkte, die den Fokus nicht mehr nur auf die reine Nutzung des Produktes legen. Neue Formensprachen und die Verwendung von natürlichen Materialen prägen das Produktsortiment. Auch der Wunsch nach Farbe und Wohnlichkeit wird in den Produkten hervorragend umgesetzt.

Smarte Technologien, Nachhaltigkeit, Wellbeing und emotionale Inszenierungen: Welche Faktoren werden bei der Badplanung künftig eine entscheidende Rolle spielen und warum?

Die Technisierung des Lebens schreitet immer weiter voran und wird in vielen Bereichen zur Selbstverständlichkeit. Ganz vorne stehen da automatische Lichtsteuerungen, die jede erwünschte Stimmung, Farbigkeit und Szenerie darstellen können. Nimmt man dann noch weitere Sinne hinzu, harmoniert das Licht mit der Musik und der Temperatur des Wassers für die Dusche. Einige Duschlösungen im Premiumsegment bieten diese abgestimmten Funktionen ja auch schon. Und die Nachfrage danach wächst stetig.

 

Durch das Smartphone sind eine ständige Verfügbarkeit und die Möglichkeit zum Erhalt jeder erdenklichen Information aus allen Ecken der Welt zum Standard geworden. Allerdings wird diese Dauerpräsenz nicht von jedem als angenehm empfunden und die Sehnsucht nach einem Ort der Ruhe wächst. In wie weit z.B. die Einblendung der neuesten Nachrichten schon am frühen Morgen in Waschtischspiegel als notwendig erachtet wird ist fraglich. Das muss jeder für sich selbst entscheiden.

 

Intelligente Funktionen für einen bewussten Umgang mit unseren Ressourcen stehen dagegen schon hoch oben auf der Zukunftsagenda. Hier sind sicherlich noch viele sinnvolle smarte Technologien wünschenswert.

Das Bad entwickelt sich immer mehr zu einem Lifestyle-Raum. Wie wird das Bad wohnlich?

Wohnlichkeit bedeutet immer Aufenthaltsqualität mit Wohlgefühl. Dabei ist natürlich der Aufenthalt in einem Raum an die gewünschte Tätigkeit gekoppelt. So wie eine Küche Funktionalität für die Essenszubereitung bieten sollte, ist auch das Bad gefordert die Möglichkeiten für die Funktion der Körperpflege anzubieten. Allerdings haben wir in den letzten Jahrzehnten ein Bedürfnis nach zusätzlichen Nutzungen in den Funktionsräumen entwickelt. Die Küche ist zum Mittelpunkt des Wohnens geworden. Sie soll kommunikativ, wohnlich und funktional zugleich sein. Die gleichen Anforderungen werden heute an das Bad gestellt. Das bedeutet, dass bei der Gestaltung des Badezimmers eben an Möglichkeiten gedacht werden sollte, die diesen Wunsch erfüllen. Somit darf ein Bad z.B. auch einen gemütlichen Sitzplatz bieten, mit angenehmer Beleuchtung ausgestattet sein und Möbelgestaltungen enthalten, die eher auf den ersten Blick nach Wohnzimmer als nach Bad aussehen. Natürliche Materialien und angenehme Farbgebungen stehen ganz hoch im Kurs.

Was darf in einem Badezimmer auf keinen Fall fehlen?

Zu einem perfekt ausgestatteten Bad gehört auf jeden Fall ein gut geplantes und abgestimmtes Lichtkonzept. Das Thema gute Beleuchtung im Bad ist noch längst nicht ausgeschöpft. Hier gibt es leider immer noch einen enormen Aufholbedarf und es gilt viele Missverständnisse auszuräumen. Ein gutes Beleuchtungskonzept lebt halt nicht nur von dimmbaren und in der Farbe veränderbaren Leuchten. Viel entscheidender ist die auf die Raumplanung und die Architektur abgestimmte Positionierung der Leuchten. Gutes Licht lebt von der Reflexion und nicht von der Lichtquelle. Und wenn der Platz vorhanden ist, gehört immer ein zusätzlicher Sitzplatz ins Bad. Ein Gespräch mit dem Partner im Bad endet sonst immer auf dem WC-Sitz.

Sie entwerfen auch Sanitärräume für die öffentliche Nutzung. Steht die Nutzung und Funktionalität immer noch im Vordergrund oder werden auch öffentliche Sanitärräume zunehmend anspruchsvoller gestaltet? Können Sie Beispiele nennen?

Durch eine intelligente Raumplanung, die das Bad in das Gefüge Schlafen und Ankleiden integriert können hervorragende und inspirierende Raumerlebnisse geschaffen werden. Insbesondere der Umgang mit Platz und Licht ist ein ganz entscheidender Faktor dabei. Wenn man dann noch den praktischen Nutzen und die gewünschte Intimität im Bad nicht aus den Augen verliert, entstehen hier sehr interessante Lösungen, die auch für das private Wohnbad sehr wegweisend sind.

Wie sieht das Badezimmer in 20-30 Jahren aus?

Betrachtet man die Altersstruktur der Bevölkerung in 20 Jahren, wird sehr schnell klar, wie das Bad der Zukunft aussehen muss. Ziel muss es sein, Badkonzepte zu realisieren, die es ermöglichen, das Bad auch sehr komfortabel bis ins hohe Alter nutzen zu können. Wobei diese „Barrierefreiheit“ nicht nach dem heute typischen „barrierefrei“ auszusehen hat.


Ein gut gemachtes, altersgerechtes und für die Zukunft gerüstetes Bad muss jeden Komfort und Wohnlichkeit bieten, die gewünscht wird. Notwendiger Platz und ausreichende Bewegungsfreiheit gehören idealerweise zum Standard. Nachrüstmöglichkeiten für Ausstattungsprodukte, die für Sicherheit sorgen müssen gewährleistet sein. Handlungsbedarf ist ja heute schon reichlich vorhanden.

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Hofmann + Wadsack

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