Lockerung von Tabus: Bad- und Toilettenkultur wird vielfältiger 

 

Um herauszufinden, welche kulturellen Muster den Gewohnheiten im Umgang mit dem Körper zugrunde liegen, setzt sich die Studie zunächst mit Tabus der Vergangenheit und der Rolle technischer Innovationen im Bereich der Hygiene auseinander. Ein Blick auf das Beispiel der Geschichte des Toilettenpapiers macht deutlich, dass Innovation allein die Gewohnheiten der Menschen nicht ändern. Auch die sozio-kulturellen Bedingungen müssen stimmen, damit sich eine neue Technik, und sei es nur die Rolle Klopapier, durchsetzen kann. So war es selbst 30 Jahre nach der Erfindung des Toilettenpapiers im Jahre 1928 durch die Firma Hakle noch schwierig, eine Rolle zu kaufen oder zu verkaufen, weil bereits die Frage nach dem Hygieneartikel im Geschäft als unschicklich galt. Andersherum betrachtet hat es eine Innovation leicht von den Menschen angenommen zu werden, wenn die Zeit dafür reif ist, wenn sie also den aktuellen Bedürfnissen entspricht und ihre Einführung nicht durch Tabus behindert wird. Die Studie zeigt deutlich, dass Tabus überwunden werden können. Gerade die Tabuisierung von Hygiene und Sexualität – beides geht, so weist die historische Betrachtung nach, Hand in Hand – wird in der heutigen Gesellschaft immer weiter aufgehoben, was eine freizügigere, vielfältigere und individuellere Bad- und Toilettenkultur begünstigt. 

 

Neue Bedürfnisse der Menschen ändern die Anforderungen an Bad und WC  

 

Nach der historischen Betrachtung der Hygienegewohnheiten widmet sich die Studie den aktuellen gesellschaftlichen Strömungen, die einen Einfluss auf die Hygienekultur ausüben. Dabei hat sie die Megatrends Female Shift, Gesundheit und Silver Society ausgemacht. 

 

Kluge Alltagshelfer im Familienbad gefragt: Innovative Technik soll Stress und Hektik im Alltag mindern helfen. Ein doppelter Waschplatz mit mobiler Sitz- oder Stehgelegenheit und ein intuitiv bedienbares Dusch-WC erfreuen durch ihre Raffinesse und bieten Mama, Papa und auch Kindern Hilfestellung bei der Körperpflege. 

Alle Zeichnungen: Geberit 

Female Shift – steht für das wachsende Streben der Frauen nach beruflicher Autonomie. Dadurch wird traditionelle Rollenverteilung in der Familie aufgelöst und muss neu organisiert werden. Der Rückzug der Frauen aus der Familie geht mit einer stärkeren Einbeziehung der Männer in die Kindererziehung und -pflege einher. Indem die Väter ihre Sprösslinge zunehmend bei der Körperhygiene unterstützen, verbringen sie mehr Zeit im Badezimmer. Entsprechend werden sie künftig mehr Einfluss auf die Ausstattung von Bad und Toilette nehmen. Und da Männer, davon geht die Studie aus, Spaß an Technik haben, könnte dieser gesellschaftliche Megatrend den Einzug technischer Innovationen in Bad und Toilette fördern. 

 

Für mehr Technik im Bad könnte ein weiterer Aspekt von Female Shift sprechen: Durch die steigende Komplexität des Alltags nehmen Zeitdruck und Stress in den Familien zu. Entsprechend rücken technische Helfer wie Staubsaug- oder Rasenmähroboter in den Fokus, die Arbeit und Stress mindern sollen. Das Bedürfnis nach zeitsparenden Lösungen könnte ebenso technischen Innovationen im Bad zu einem schnelleren Durchbruch verhelfen.  

 

Die Neuorganisation der Familie durch die zunehmende Berufstätigkeit der Mütter bringt außerdem eine Umdefinition der Privatsphäre mit sich. Da die Familienmitglieder immer weniger Zeit miteinander verbringen, gewinnt das Badezimmer als Ort familiärer Kommunikation an Bedeutung. Das Bad wird weniger Rückzugsort, sondern mehr Treffpunkt der Familie. Hier könnten neue Rituale der Gemeinsamkeit geschaffen werden. Dies hätte zur Folge, dass sich die Tabus bei der Hygiene (und Sexualität) weiter auflösen.  

 

Gesundheitspflege mit Wohlfühl- und Vergnügungsaspekten: Im Megatrend der Gesunderhaltung fließen Fun und Funktion zusammen. Berührungslose Armaturen und ein Komfort-WC mit Duschfunktion verbinden hohe Ansprüche an Sauberkeit und Wohlgefühl mit der Freude an innovativer Technik. 

Gesundheit – als Megatrend bedeutet heute viel mehr als die bloße Vermeidung von Krankheit. Vor dem Hintergrund des steigenden Wohlstands und einer immer älter werdenden Gesellschaft rückt die Erhaltung der Gesundheit ins Zentrum der kollektiven Aufmerksamkeit und wird sogar zum nationalen Interesse. Um ihre Sozialsysteme und ihre Wettbewerbsfähigkeit aufrechterhalten zu können, braucht die Gesellschaft Menschen, die gesund bleiben, um bis ins höhere Alter arbeitsfähig zu sein. Zugleich ist die Gesunderhaltung privat wichtig: Wer gesund ist, hat mehr Möglichkeiten, seine ganz individuellen Lebensziele umzusetzen.  

 

Körper und Geist werden stärker verquickt, die seelisch-geistige Gesundheit wird wichtiger. Wer sich glücklich fühlt, fühlt sich gesünder. Als Wohlfühl- und Entspannungsort kann das Badezimmer künftig noch stärker zur Regeneration von Körper und Geist beitragen. 

 

Bereits heute ist für 80 Prozent der Umfrageteilnehmer der Studie die Körperhygiene ein elementarer Bestandteil ihrer Gesundheit. 70 Prozent der Befragten sagen sogar, dass Körperhygiene Spaß machen muss. Und da Spaß zur seelisch-geistigen Entspannung beiträgt, ist er auch für die Gesundheit förderlich. Bezogen auf das Badezimmer der Zukunft bedeutet das: Die Grenzen zwischen Fun und Funktion lösen sich zunehmend auf. Die Akzeptanz für Innovationen im Badezimmer steigt, je stärker Wohlfühl- und Vergnügungsaspekte in die Gesundheitspflege einfließen.  

 

Dass die Mehrheit der Menschen heute bereits offen für Innovationen im Bad ist, zeigt die Umfrage des Zukunftsinstituts. 63 Prozent der Befragten gaben an für Neuerungen im Bad aufgeschlossen zu sein. Ein Drittel legt sogar großen Wert auf innovative Technik. Das gilt besonders für die einkommensstärkste Gruppe mit einem Haushaltsnettoeinkommen von 4000 Euro und mehr (47 Prozent der Befragten). 

 

Das Badezimmer als Jungbrunnen der Silver Ager: Optisch anspruchsvolle und innovative Produkte stehen im Fokus. Die bodenebene Wellness-Dusche und ein schicker Whirlpool bieten Komfort, vermitteln Jugendlichkeit und stehen zugleich für einen modernen Lebensstil. 

Silver Society: Im Jahr 2020 werden Männer eine durchschnittliche Lebenserwartung von 84 Jahren und Frauen von 87 Jahren haben. Mit 60 Jahren zählt man heute zu den „jungen Alten“ oder den „Silver Agern“, und die planen und leben ganz bewusst und ganz individuell. Das wirkt sich auf den Wohnraum und speziell auf das Badezimmer aus. Das Bad entwickelt sich zum Jungbrunnen der dieser Altersschicht. Dabei wird die Pflege des eigenen Körpers immer wichtiger. 70 Prozent der befragten über 55-Jährigen gaben an, dass Körperpflege für sie eine wichtige Voraussetzung sei, um sich wohlzufühlen. 44 Prozent sagen, sie würden sehr viel für einen schönen Körper tun.  

 

Zum Selbstverständnis dieser Generation gehört sportliche Aktivität ebenso dazu wie Sex. Die Überzeugung, dass Körperhygiene eine der wichtigsten Voraussetzungen für guten Sex ist, trifft in der Gruppe der 55-Jährigen mit 80 Prozent auf die breiteste Zustimmung. In der jüngsten Altersgruppe, der 16- bis 24-Jährigen, bestätigen das 69 Prozent. Im Kontext von Hygiene, Wohlbefinden und Sexualität kann beispielsweise ein Dusch-WC stark an Bedeutung gewinnen. 

 

Bei aller Jungerhaltung ist den Silver Agern jedoch auch bewusst, dass sie mit körperlichen Einschränkungen rechnen müssen. Ziel ist es, ihre Eigenständigkeit so lange wie möglich zu erhalten. 89 Prozent stimmten der Aussage zu: „Mir ist es wichtig, dass ich mich auch im Alter noch ohne Einschränkungen um meine Körperpflege kümmern kann.“ Eine eingeschränkte Beweglichkeit macht sich besonders bei der Körperpflege bemerkbar. Daher haben Neuerungen im Bad, die der Erhaltung der Eigenständigkeit dienen, eine hohe Akzeptanz. 

 

Investitionen in Bad und Toilette nehmen zu 

 

Die Studie des Zukunftsinstituts macht deutlich, dass die Anforderungen an Badezimmer und Toilette künftig wachsen werden. Im gleichen Maße, in dem sich Körperbewusstsein und Hygienebedürfnisse wandeln, erfährt das Bad als Wohn- und Entspannungsraum eine immense Aufwertung. Ein Großteil der Befragten nutzt das Bad heute bereits zu weit mehr als nur zum Waschen und Baden: 70 Prozent wollen sich hier entspannen. 53 Prozent gaben an, im Bad zu lesen, Radio oder Musik zu hören. 26 Prozent telefonieren im Bad und 24 Prozent haben hier Sex. 

 

Dieser Bedeutungswandel des Bades führt zu höheren Investitionen in seine Ausgestaltung als bisher. Die Akzeptanz gegenüber technischer Ausstattung, die der Gesunderhaltung und Entspannung dienen, steigt. Körperpflege soll nicht nur der Hygiene dienen, sondern Spaß bereiten – denn Spaß macht glücklich und wer glücklich ist, fühlt sich gesünder. 

 

Über die Studie: 

Die „Körperbewusstsein und Hygiene im Wandel“ wurde 2012/13 im Auftrag des Sanitärtechnikunternehmens Geberit vom Zukunftsinstitut Kelkheim, erarbeitet. Grundlagen der Arbeit sind eine Trendanalyse auf Basis aktueller Daten verschiedener Forschungsinstitute und eine repräsentative Onlineumfrage von 1.020 Personen, die im Januar 2013 durchgeführt wurde. Zusätzlich wurden Quellen und Artikel ausgewählter Print- und Online-Medien analysiert. Zusätzlich wurde ein Dusch-WC (Geberit AquaClean 8000plus) im Dezember 2012 im Zukunftsinstitut installiert und stand allen Mitarbeitern und Autoren zu Testzwecken zur Verfügung.