Herr Dornbracht, wir haben im vorigen Teil des Interviews über Architektur und Raumkonzepte gesprochen. Ist das Prinzip der Raumkonzepte ganzheitlich verstanden also auch ein Ansatz zur nachhaltigen Badgestaltung?

Natürlich. Wenn ich es schaffe, ein Bad über die drei Lebenszyklen eines Haushaltes mit möglichst wenig Aufwand umzugestalten, dann ist auch das ein wichtiger Beitrag zur Nachhaltigkeit. Es geht nicht nur um den Ressourcenaufwand bei der Erstellung und der Nutzung, sondern ebenso um den Lebenszyklus eines Bades. In diesem Sinne ist auch ein Produkt, das ästhetisch 20 Jahre hält, ein ökologisches Produkt. 

Widerspricht das nicht den Interessen der Hersteller?

Nur zum Teil. Bei der Nachhaltigkeitsdiskussion muss ausbalanciert werden, wie viel Mode ins Bad kommt. Zum einen wird Interesse für das Bad bzw. für ein neues Bad nur über den Aspekt Mode bzw. über den Trendaspekt geweckt. Es ist also auch eine Frage der Kommunikation. Ausbalancieren heißt aber auch, Produkte anzubieten, die neben der vorausgesetzten dauerhaften technologischen Funktionstüchtigkeit auch ästhetisch dauerhaft wirken. Auch das Thema Ökologie kann also umfassender gesehen werden. 

Womit wir zum Thema Green Design – oder, wie die Aktion der Sanitärwirtschaft heißt, „Blue Responsibility“ kommen ...

Das ist die übergeordnete Thematik. Ich denke, dass wir als – gerade deutsche – Hersteller diesen Weg schon Schritt für Schritt gehen, indem wir den Ressourcenaufwand zu verringern und die Ressourceneffizienz zu erhöhen suchen. Dennoch gibt es, über die gesamte Branche inklusive Handel und Handwerk gesehen, durchaus noch Handlungsbedarf. Es geht schließlich nicht nur um die Produkte, sondern um den gesamten Prozess, den wir unter ökologischen Gesichtspunkten noch nicht genügend analysiert haben. 

Würde der Kunde das denn honorieren?

Ich glaube ja, denn das Thema Ökologie ist heute nicht mehr ideologisch, sondern intellektuell getrieben. Entweder verstehe ich, dass mein Verhalten sich auf die Umwelt auswirkt, oder ich verstehe es nicht. Aber ich muss nicht Anhänger einer politischen Partei sein, um ein ökologisches Bewusstsein zu haben. Das war in den 80er-Jahren so, hat sich aber völlig verändert. 

Was also umfasst Nachhaltigkeit im Sanitärbereich?

Keramik ist ein natürlicher Werkstoff, und Armaturen können Wasser sparen – das ist gut. Unter ökologischen Gesichtspunkten ist es aber zum Beispiel völlig unsinnig, die zweite Baustellenanfahrt am Tag durch den Großhandel kostenlos anzubieten. Das wäre mein Appell: sich nicht nur auf die Produkte zu fokussieren, sondern auf den gesamten Erstellungsprozess. Wir müssen den Lifecycle von der Entsorgung des alten Bades bis zur Entsorgung des neuen Bades zum Maßstab nehmen.  

Wie wichtig ist die ISH für die Branche?

Die ISH ist nun mal das Trendforum für die SHK-Branche. Der Kaufimpuls geht von den Artikeln vor der Wand aus. Nachweislich werden auch die meisten Neuheiten alle zwei Jahre auf der ISH vorgestellt. Für den Fachbesucher geht es aber auch darum zu erkennen, wer die Trendsetter sind, und ob es vielleicht neue Innovationsführer gibt. Nicht nur das neue Produkt ist von Interesse – im Sinne von Design, Technik, Nachhaltigkeit –, sondern auch, wie sich das Angebotsspektrum wandelt. 

Was hat der Fachbesucher davon?

Er hat eine für mich ganz wichtige Funktion im Hinblick auf den Endkunden. Nämlich, ähnlich wie der Betreiber eines hochwertigen Modeaustattungshauses, aus dem Angebot der Welt das Beste für seinen Kunden auszusuchen. Es gibt vielleicht 30.000 – 40.000 Anbieter von Sanitärprodukten, von denen 10 % auf der Messe ausstellen. Und aus diesen sucht sich der Fachhandel wiederum 10 % als Partner aus. Das ist seine Aufgabe: Aus dem Riesenangebot der Marken, der Produkte, der Kommunikationsthemen und Technologien eine Selektion für seinen Endkunden zu treffen. 

 

Hier geht's zu Teil 1 des Interviews. 

Hier geht's zu Teil 2 des Interviews.