Interview Phoenix Design: „Wo man sich morgens fit für den Tag macht und abends wieder runterkommen möchte“

05/12

Phoenix Design ist seit Gründung des Studios 1987 mit den beiden Designern Andreas Haug und Tom Schönherr verbunden, unter deren Führung das Stuttgarter Designbüro zu einer der erfolgreichsten Designschmieden Deutschlands mit einem mittlerweile 30-köpfigen Team aus Produkt- und Interfacedesignern avancierte. Seit Jahren belegt Phoenix Design im internationalen Ranking iF creative Platz 1 als externes Designstudio. Im SHK-Bereich (Sanitär-Heizung-Klima) arbeitet Phoenix Design für Unternehmen wie Kaldewei, Hansgrohe, Axor, Duravit, Hüppe, Hewi oder Viessmann. 

Bei Phoenix Design beschäftigen Sie sich nun schon seit mehr als zwei Jahrzehnten mit dem Thema Badezimmer. Was hat sich seither verändert?

Haug: Eine ganze Menge hat sich verändert. Grundsätzlich das rein Technische – die Armaturen sahen ja früher noch wie technische Geräte aus. Vor allem aber haben sich die Größe und die Bedeutung des Bads geändert, das innerhalb des Wohnraums mehr Bedeutung bekommen hat. Auch die Funktion hat sich gewandelt. Das Duschen etwa hat heute einen viel höheren Stellenwert als früher 

Also hat der Bedeutungswandel viel mit geänderten Bedürfnissen zu tun. Was hat man heute für Erwartungen an das Badezimmer?

Haug: Das Badezimmer hat ja immer etwas mit Hygiene zu tun und auch mit der Zeit, die einem zur Verfügung steht. Deshalb hat auch das Duschen an Bedeutung gewonnen, weil man einfach jeden Tag duscht, um sauber und frisch gewaschen ins Büro zu gehen. Das war so früher nicht unbedingt der Fall. 

 

Schönherr: Man kann hier von einem kompletten Paradigmenwechsel sprechen. Das Bad war früher lediglich eine Nasszelle, und Sanitärprodukte hat man als sanitärtechnische Erzeugnisse bezeichnet. Es ging auch tatsächlich nur um die Abdeckung der Reinigungsbedürfnisse. Heute ist das Bad ein Lebensraum mit einer erweiterten Funktionalität, in dem man sich morgens fit für den Tag macht und abends wieder runterkommen möchte, den Stress hinter sich lassen will. Auch die hier verbrachte Zeit hat sich verändert. Für das, was man früher in 5 Minuten erledigte, nimmt man sich heute schon mal eine halbe oder eine ganze Stunde Zeit. 

 

Aber wie können denn Produkte wie Armaturen zu diesem Gefühl beitragen? Letztlich kommt ja doch nur Wasser aus dem Hahn heraus.

Schönherr: Die Frage ist aber: Wie kommt es raus? Da gibt es schon große Unterschiede. Die Armatur ist noch ein Teil der komplexesten Raumes im Haus, und letztendlich auch des teuersten. Und da gibt es große Qualitätsunterschiede in der Funktion und in der Ästhetik, die sich ja auch dramatisch verändert hat. Zudem spielt bei den Armaturen natürlich auch die Regelung eine große Rolle. Hier haben sich Thermostate immer stärker durchgesetzt, mit denen ich exakt die Temperatur erhalte, die ich eingestellt habe. Auf der anderen Seite ist auch die Funktion der Brausen entscheidend – also wie das Wasser aus dem Duschkopf herauskommt. Hier geht die Veränderung bis in die elektronische Bedienung hinein, mit der die Funktionen für unterschiedliche Verbraucher komplett gesteuert werden können, mit Durchflussmengen, Wassertemperaturwechsel, Strahlartenumstellung usw. 

Was bedeutet das für Ihre Arbeit als Designer? Probieren Sie diese Parameter selbst aus oder greifen Sie auf Untersuchungen zurück?

Haug: Wir selbst haben kein Strahllabor, können neue Ansätze also nicht selbstständig testen. Teilweise geben wir Anregungen an unsere Kunden, in welche Richtung geforscht werden könnte, teilweise kommen die Ideen von unseren Kunden, die über eigene Strahllabore verfügen, in denen sie so etwas im Detail ausprobieren können. In diesem Bereich wird extrem viel geforscht, und die Ergebnisse sind erstaunlich. Man denkt vielleicht, es sei nicht entscheidend, ob eine Dusche zehn oder zwölf Liter Wasser verbraucht. Aber in der Summe der Duschen und angesichts der gestiegenen Duschdauer ist das schon ein enormer Unterschied. Wenn es uns gelingt, mit zwei Litern Wasser weniger ein gleich gutes Duschgefühl zu erzeugen, dann ist das eine tolle Sache. 

Gerade deutsche Unternehmen fallen immer wieder mit innovativen Produkten auf und scheinen sich gegenseitig in eine Art Neuheitenwettbewerb zu treiben. Müssen uns nicht irgendwann die Ideen dafür ausgehen?

Schönherr: Neben formalen Weiterentwicklungen gehen viele Entwicklungen aus sich verändernden Bedürfnissen der Badbenutzer hervor. Wenn man die veränderten Bedürfnisse ernst nimmt, führt das zwangsläufig zu neuen Ansätzen. 

Hat Deutschland dabei einen Standortvorteil?

Schönherr: Es ist vielleicht eine deutsche Eigenschaft, nach Dingen zu streben, die besser und dauerhaft sind und die das Herz berühren. Wenn diese drei Eigenschaften zusammenkommen, entstehen Produkte, die weltweit geschätzt und geachtet werden. In anderen Ländern werden die Schwerpunkte vielleicht ein bisschen einseitiger gesetzt als bei uns. Deswegen sind deutsche Produkte international akzeptiert und begehrt. 

Hilft Design bei der Erschließung des Exportmarkts?

Haug: Zumindest sind im gehobenen Marktsegment deutsche Hersteller mit ihren Qualitätsprodukten und mit ihrem anspruchsvollen Design international gut aufgestellt. Die ausländischen Märkte haben gemerkt, dass diese Produkte einfach gut und auch modern gestaltet sind. Mit unserer Gestaltungsauffassung in Deutschland sind wir international anerkannt. Das hat sicher auch etwas mit der Tradition zu tun – mit dem Bauhaus und damit, dass man sich hier schon frühzeitig mit funktionalen Produkten beschäftigt hat. 

Abschließende Frage: Wie sehen Ihre Badezimmer aus?

Schönherr: Ich habe im Bad lauter Produkte, die wir selbst gemacht haben, angefangen bei den Armaturen über die Brausen, die Duschwanne und die Duschabtrennung bis hin zur Badewanne und zum WC. Insofern habe ich ein selbstgestaltetes Bad. 

 

Haug: Ich bin gerade dabei zu bauen, und mein Bad wird ein sehr wohnliches Badezimmer, mit einem Holzboden, der im gesamten Geschoss durchgängig ist. Ich habe keine Badewanne, dafür eine sehr, sehr große Dusche. Das ist mir viel wichtiger. Ich dusche jeden Tag ein- oder zweimal, bade aber eigentlich nie. Zudem werde ich auch eine kleine Sauna dabei haben, und einen Balkon, den ich vom Bad aus betreten kann, sowie eine Fensterfläche, die deckenhoch und fünf Meter breit ist. Wer da dieses Bad betritt, wird nicht sofort merken, dass er im Bad ist. Es ist eher ein Wohnraum mit Wasser. 

 

Weitere Informationen: 

www.phoenixdesign.com