Interview Konstantin Grcic: "Die Aussicht, mit einem neuen Werkstoff arbeiten zu können, machte das Projekt natürlich besonders spannend.

10/14

Konstantin Grcic (links) mit dem Marketingleiter von Laufen, Marc Viardot. 

Mit der Saphirkeramik hat Laufen einen Werkstoff auf den Markt gebracht, der Formen erlaubt, die bisher nicht möglich waren. Zusammen mit dem Designer Konstantin Grcic wurde jetzt eine Reihe neuer Produkte in der neuen Keramik entwickelt. Im Interview spricht Grcic über die Zusammenarbeit mit dem Schweizer Unternehmen, die Arbeit mit dem neuen Werkstoff, kreative Prozesse bei den Entwürfen und technische Herausforderungen. 

Herr Grcic, wie und wann kam die Zusammenarbeit mit Laufen zustande?

Der Kontakt ist über Toan Nguyen entstanden. Im vergangenen Oktober fand ein erstes Treffen in Laufens Hauptsitz und in einem der Werke statt. Dort lernte ich Marc Viardot, den Director Marketing and Products, und Alain Reymond, den Product Manager für Vitreous China, kennen. Es war das erste Mal, dass ich die Herstellung dieser Art von Keramik gesehen habe. Ich hatte zwar bereits Erfahrung mit Keramik gemacht, bei meiner Arbeit für Rosenthal und Nymphenburg, jedoch in viel kleineren Dimensionen. Laufens Produkte sind nicht nur größer, sondern werden in industriellem Umfang gefertigt. Das ist sehr beeindruckend. Das Briefing ließ mir einige Freiheit, lieferte aber eine gewisse Struktur fü̈r die Vorgehensweise, was ich als hilfreich empfinde. Von Anfang an ging es um recht Konkretes – um den Werkstoff mit seinen Eigenschaften und Grenzen. Das technische Produktentwicklungsteam teilte seine immens wertvollen Fachkenntnisse mit uns. Wir waren uns einig, dass wir die Herausforderung suchten, nichts war ausgeschlossen. 

Was hat Ihnen an der Zusammenarbeit mit Laufen gefallen? Die Art, wie die Unternehmenskultur Kreativität fördert? Oder die schöpferischen Möglichkeiten, die Saphirkeramik eröffnet?

Die Aussicht, mit Saphirkeramik, einem neuen, sehr innovativen Werkstoff, arbeiten zu können, machte das Projekt natürlich besonders spannend. Technologie begeistert mich immer. Sanitärkeramik ist ein klassisches Industriedesign-Produkt. Und die Chance, ein neues Material in einem so traditionellen Bereich zu erforschen, dü̈rfte ziemlich einzigartig sein. Laufen gefiel mir wegen seiner Unternehmenskultur, seiner Qualität. Die Marke hat ein ausgezeichnetes Image, doch letztlich sind fü̈r mich die Personen ausschlaggebend. Zu schätzen gelernt habe ich auch die Tatsache, dass Laufen mit seinem Sitz in der Schweiz nicht weit von unserem in München entfernt ist. Meiner Erfahrung nach sind eine gemeinsame Sprache und gute gegenseitige Erreichbarkeit jeder Zusammenarbeit wirklich zuträglich.  

Wie fanden Sie die Arbeit mit Saphirkeramik? Hat sie ihre eigene Formensprache hat?

Die grösste Herausforderung bestand darin, in unserem Projekt die wesentlichen Eigenschaften der Saphirkeramik zu präsentieren. Ihre Schlüsselelemente – ihre Präzision, die geringen Wandstärken und engen Radien – stellten uns vor interessante Aufgaben. Wir machten Versuche in verschiedene Richtungen, doch am Ende lag die entscheidende Wendung darin, die Oberfläche mit fein definierten Strukturen zu versehen. Diese taktilen Oberflächen dienen sowohl der Dekoration als auch der Funktionalität. Sie verhindern, dass darauf abgestellte Gegenstände wegrutschen oder Flecken hinterlassen. Was die Formen der Objekte anging, sollten sie einfach, funktional, eher architektonisch und nicht zu expressiv sein.  

Hat das Material Sie noch zu anderen Produkten inspiriert?

Ja, durchaus. Das war bereits Teil des Briefings und etwas, das wir schon mit dem Entwurf zweier Ablagen ergänzend zu den drei Waschtischschalen umgesetzt haben. Diese Ablagen sind einfache, bewegliche, nicht fest eingebaute Elemente. Sie stammen aus einer anderen Welt, die ich gut kenne, die des Tafelgeschirrs und der Accessoires, während die Welt von Laufen eng mit Architektur und Installationen verknü̈pft ist. Die Saphirkeramik war eine echte Inspiration fü̈r diese Objekte. Wir glauben, dass das Material und Laufens Fachkenntnis bei der Produktion eine ganze Reihe von Dingen hervorbringen wird, die zur Welt des Badezimmers passen. Sie sind eine spielerische Ergänzung. Insgesamt soll das Projekt aus zwei Phasen bestehen: Die Waschbecken – eines ist rechtwinklig, das andere eine Mischung aus rund und eckig – und Ablagen werden in diesem Jahr in Mailand präsentiert. Danach entwickeln wir eine deutlich umfangreichere Palette für die Frankfurter Sanitär-Messe ISH im nächsten Jahr.  

Würden Sie den kreativen Prozess für Ihren Entwurf erläutern?

Eine sehr wichtige Phase dieses Prozesses ist intellektueller Art. Man denkt einfach nach, und sie geht jeder Anfertigung von Zeichnungen und Modellen voraus. Der Besuch bei Laufen, zu sehen, was die Firma macht und wie sie es macht, die Leute kennenzulernen – daraus entsteht die Basis fü̈r alles Folgende. Ich muss dann die vielen Informationen verarbeiten, in eine sinnvolle Ordnung bringen und meine eigenen Schlü̈sse daraus ziehen. Zu diesem Zeitpunkt kam meine Assistentin Charlotte Talbot zu dem Projekt hinzu. Wir diskutierten verschiedene Ideen, und daraus wiederum entstanden erste Zeichnungen und Modelle. Die Recherche macht einen großen Teil unseres kreativen Prozesses aus. In diesem Stadium will man offen sein, sehr aufnahmebereit fü̈r alles, was relevant oder wichtig sein könnte. Deshalb schaut man sich alles Mögliche an: Wir betrachteten keramische Gefäße und ihre Proportionen. Wir achteten auf die taktilen Eigenschaften der Gegenstände, nicht nur auf ihre funktionalen Aspekte. Nehmen wir dieses Glas Wasser in meiner Hand. Die meisten Trinkgläser erfüllen eine ähnliche Funktion, aber wodurch unterscheidet sich eins vom anderen? Dadurch, dass es sich besser anfü̈hlt, eleganter ist, dass die Proportionen oder das Gewicht zu stimmen scheinen. Das gilt auch fü̈r Waschbecken, die nicht einfach nur zum Händewaschen da sind. Im Zuge eines kreativen Prozesses geschehen viele Dinge gleichzeitig. Es ist eine intensive, aber sehr lehrreiche Phase, das Erforschen von fast allem, was bei dem Projekt eine Rolle spielen könnte. Als Designer können wir auf bestimmte Erfahrungen zurü̈ckgreifen, und doch ist es uns am wichtigsten, die Dinge ganz unvoreingenommen zu betrachten. 

Vor welche technischen Herausforderungen haben Ihre Entwürfe das Unternehmen Laufen gestellt?

Die Oberflächenstrukturen zu kreieren ist eine enorme technische Aufgabe. Wir befinden uns noch immer im Prozess, die richtigen Dimensionen fü̈r diese Strukturen zu finden, die genauen Definitionen und perfekten Abmessungen. Wie tief, wie ausgeprägt, scharf oder weich sollen sie sein? 

Gibt es – in ästhetischer oder anderer Hinsicht – Gemeinsamkeiten zwischen Ihren Entwürfen für Laufen und Ihren sonstigen Arbeiten?

Ja. Die erste Übereinstimmung liegt in meiner Herangehensweise an die Projekte. Ich entwickle meine Ideen jedes Mal durch eine intensive Auseinandersetzung mit der Sache. Ich möchte alles darü̈ber wissen, ü̈ber die damit verbundene Industrie, die Technologien, Materialien, Funktionalitäten. Nur ein wirkliches Verständnis der Sache versetzt mich in die Lage, Grenzen neu zu stecken und die bestehenden Konventionen in Frage zu stellen. 

 

Weitere Informationen: 

www.laufen.ch 

konstantin-grcic.com