Bereits 2011 zeichnete die Bill & Melinda Gates Foundation weltweit acht Universitäten mit Forschungsstipendien aus, um die Toilette neu zu erfinden. Diese soll erschwinglich für die Ärmsten (weniger als 5 Cent pro Tag und Person), sauber, sicher und universell einsetzbar sein. Auch jenen, die über keine oder nur unzureichende sanitäre Versorgen verfügen, soll auf diese Weise geholfen werden. 2,5 Mrd. Menschen sind von diesem Umstand betroffen. Das Problem hat schwerwiegende gesundheitliche und gesellschaftliche Konsequenzen und ist mit eine Ursache für Krankheiten und Tod.
Jetzt präsentierten Experten und Expertinnen aus der ganzen Welt sowie die acht nominierten Teams, darunter auch EOOS und Eawag, ihre Konzeption einer neuen Toilette am 14. und 15. August auf der „Reinvent the Toilet Fair“ in Seattle (USA). Die Konferenz stellte Innovationen vor, die für die „nächste Generation“ von Sanitäranlagen stehen. Kooperation und Vernetzung sollen so zur gemeinsamen Aufgabe - der Neuentwicklung der Toilette - beitragen. „Wir haben die Toilette so entworfen, dass sie überall funktioniert, vom Slum in Kampala bis zum Wochenendhaus eines Millionärs mitten in der Wildnis“, erklärt Harald Gründl.
Die Zusammenarbeit des Schweizer Wasserforschungsinstituts Eawag und des Designbüros EOOS ist eine ungewöhnliche aber auch notwendige Kooperation, wenn es darum geht, zukunftsweisende Technik in eine alltagstaugliche Form zu bringen. So entstand in intensivem Austausch zwischen Wien und Zürich im letzten Jahr die „diversion toilet“: Eine Hock-Toilette, die Urin und Fäkalien trennt, sauberes Wasser zum Hände waschen und reinigen der Anlage bietet, keinerlei Kanal- oder Wasseranbindung bedarf und vor Ort produziert werden kann. Produktion und Betrieb der Anlage kosten 5 Cent pro Tag und pro Person. Unangenehme Gerüche können dank eines raffinierten Verschlusssystes vermieden werden. Darüber hinaus wird ein ganzheitliches Servicekonzept vorgestellt, das dieses System dauerhaft implementieren und Arbeitsplätze schaffen soll.
Das eingefüllte Wasser zirkuliert und wird mittels eines von der Eawag entwickelten Verfahrens keimfrei gereinigt. Dadurch soll ermöglicht werden, in Regionen ohne Wasserversorgung, sauberes Wasser zur Körperhygiene zur Verfügung zu stellen. Kot und Urin werden in einer schmalen Box, die alle drei bis vier Tage ausgewechselt wird, unterhalb des WC-Beckens getrennt voneinander aufgefangen. Die Exkremente können in einem weiteren Schritt beispielsweise zu Dünger oder Biogas weiterverarbeitet werden. Die Eawag liefert Technologien für das Recycling sowie für die Aufbereitung des Wassers.
Die „diversion toilet“ ist ultrakompakt, verzichtet gänzlich auf Chemikalien und kann leicht transportiert werden. Die Verwertung der Exkremente sowie die Tatsache, dass die Toiletten vollkommen autark - ohne Kanalisation, Strom oder Wasseranschluss - aufgestellt werden, ermöglicht eine Form des Contracting: die Toilette wird von Kleinstunternehmen betrieben und weiter vermietet. „Ob sich unser System wirklich durchsetzen kann, hängt davon ab, wie gut unser Geschäftsmodell ist. Keine Lösung, die permanent auf Subventionen angewiesen ist, wird langfristig funktionieren“, sagt Verfahrensingenieurin und Eawag Projektleiterin Tove Larsen. In Zeiten wachsender Städte, Ressourcenknappheit und den damit verbundenen Anforderungen an die Infrastruktur, könnte die Innovation von EOOS und Eawag auch in entwickelten Weltregionen einen wesentlichen Impuls setzen.
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