Tiny Bathroom
Mit dem Trend zum Kompaktbad für urbanes Wohnen
entwickeln Industrie und Badplanung innovative, maßgeschneiderte Lösungen für
kleine Grundrisse. Das Tiny Bathroom verbindet eine schlichte Ästhetik, neue,
größenreduzierte Produktkategorien und höchste Komfortansprüche zu einem
individualisierten Badezimmer.
Wohnraum wird immer teurer. Dementsprechend heißt es: Platz
ist der wahre Luxus! Aber ist das wirklich so? Natürlich kann das großzügige
und hochwertig ausgestattete Badezimmer Ausdruck eines luxuriösen Lebensstils
sein. Dennoch werden sich die Kriterien künftig zugunsten Lage, Stil und
Ausstattungskomfort verschieben. Denn es sind vor allem die innerstädtischen
Räume und stadtnahen Wohngebiete, die mit wachsender Attraktivität an Wert
gewinnen und immer unerschwinglicher werden.
Der Bedarf an kleinen Bädern in Deutschland wächst
Auch die während der Pandemie erwartete Stadtflucht hat sich
laut einer aktuellen Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC unter Bau-
und Vermietungsunternehmen nicht bestätigt. Laut Statista wird die
Pro-Kopf-Wohnfläche in Deutschland bis 2030 zudem weiter steigen – auf 54 bzw.
55 Quadratmeter (alte bzw. neue Bundesländer inkl. Berlin). Ursache hierfür
sind aber nicht größere Wohnungen, sondern im Gegenteil mehr kleinere sowie
eine wachsende Anzahl älterer Haushalte. Dazu kommen steigende Wohnansprüche.
Mit anderen Worten: mehr Single- und kleinere Haushalte mit gehobenem Komfort
in bevorzugten Wohnvierteln.
Das spricht für eine wachsende Zahl kleinerer Stadtbäder und
einen sehr großen Sanierungsbedarf für Bäder in Bestandswohnungen.
Offensichtlich kommen hier zwei Trends zusammen: Das Bad wird kompakter und
komfortabler. Lange Zeit war in Deutschland das durchschnittliche Badezimmer
7,8 Quadratmeter groß. Durch die Zusammenlegung von Wohnraum entstehen bei
Sanierungen größere Bäder. Und auch Architekten und Architektinnen haben die
zunehmenden Bedürfnisse der Bauleute erkannt und planen die Bäder größer.
„Viele Bäder in Deutschland sind unter 10 Quadratmeter groß, wohl die Mehrzahl
der Bäder müssen mit 4 bis 6 Quadratmetern auskommen“, erklärt Jens J.
Wischmann, Geschäftsführer der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft e.V. aus
Bonn. „Ein modernes Badezimmer kann nicht nur nachhaltig sein, sondern bietet
auf kleinem Raum viele Funktionen und großen Komfort.“
Neue Lebensentwürfe und Wohnkonzepte
Neue Lebensentwürfe und Wohnkonzepte, die dem unzeitgemäßen
Motto „Schneller, höher, weiter“ mit seinen bekannten Folgen für Infrastruktur,
sozialen Frieden und Klima eine Alternative entgegenzusetzen suchen, sind
derzeit sehr populär. Von unnötigem Ballast befreit lebt es sich mit wenigen,
guten Dingen achtsamer und entspannter. Das gilt vor allem dann, wenn alles
andere, was zum Leben wichtig ist, im Viertel vor der Tür zu finden ist. Eine
neue, stilistisch und qualitativ allerdings nicht ganz anspruchslose
Bescheidenheit setzt sich in Szene – etwa in Form von Tiny Houses, Glamping
oder dem Interior-Design-Trend eines schlichten, skandinavisch anmutenden
Luxus. Für künftige Badplanung im städtischen Ballungsraum wird das auf wenigen
Quadratmetern realisierbare Tiny Bathroom damit zum Erfolgsmodell, um
platzsparend Luxus anbieten zu können.
Doch wie sehen die neuen Stadtbäder aus? Im Tiny Bathroom
wird auf die Badewanne vielfach zugunsten einer großzügigen bodenebenen Dusche verzichtet.
Ebenso auf große Waschtische und Armaturen mit großer Ausladung. Damit hierbei
nicht auf zu kleine Gästebad-Lösungen zurückgegriffen werden muss, bieten einige
Sanitärmarken bereits heute mittelgroß dimensionierte, kompakte
Waschtischeinheiten in tiefenreduzierten, aber immer noch vollwertig nutzbaren
Modellen an. Und da Komfort großgeschrieben wird, werden im Tiny Bathroom für
Mehrpersonenhaushalte zwei Kompaktwaschtische einem einzelnen großen
vorgezogen. Stauraum ist als Voraussetzung für eine aufgeräumte, cleane Optik
unverzichtbar und wird im Idealfall als Einbaulösung geschaffen.
Individuelle Badplanung und innovative Sanitärprodukte
Ganz allgemein wird im Tiny Bathroom Wert auf einheitliche
Gestaltung und hochwertige Materialien gelegt, sowohl in Bezug auf Möblierung,
Boden- und Wandgestaltung als auch hinsichtlich der Beleuchtungssysteme und
technischen (smarten) Ausstattung. Stilistisch bewegt sich das Tiny Bathroom
gerne zwischen Urban oder Industrial Design, natürlich-schlichtem Scandi Style und
luxurös angehauchtem Glamour. Eine farblich und durch die Verwendung
einheitlicher Materialien erzielte homogene Ästhetik schafft Ruhe und eine
großzügige Optik – etwa durch Ton-in-Ton-Design, große Fliesenbilder oder
fugenfreie Flächen. Während große Muster wegen ihres raumverkleinernden
optischen Effekts ungünstig sind, können kleinteilige, originelle Muster auf
kleinem Raum eine edle Wirkung haben.
Eine weitere wichtige Gestaltungsmaxime ist die Transparenz:
Eine Zonierung in unterschiedlich Funktionsbereiche wirkt großzügig, solange
keine größeren Volumen die Sichtachse stören. Feststehende wie bewegliche
Duschtrennwände und -türen aus Klarglas – zur Not auch teilsatiniert – lassen
den Raum großzügiger wirken und sind teilweise auch maßflexibel zu bestellen.
Spiegel, vor allem großflächige, erweitern den Raum über dem Waschtisch.
Spiegelschränke, Heizelemente, Badmöbel und Ablagen sind möglichst
multifunktional angelegt. Gerade bei den Badmöbeln leisten Einbaulösungen wahre
Wunder. Die hochentwickelte Badmöbelindustrie bietet immer mehr maßflexible
Modelle für Stauraum, Waschtischeinheiten und Konsollösungen an. Customising
ist ein Zukunftsmarkt – digitalisierte Produktion vorausgesetzt.
Ein Tiny Bathroom bleibt dennoch Maßarbeit und stellt
höchste Ansprüche an die Planung und die handwerkliche Ausführung. Die Planung
findet beim Tiny Bathroom zudem oft erst auf der Baustelle ihren Abschluss,
wenn Abstände, Winkel und die umfängliche Elektrifizierung genauer
einzuschätzen und besser aufeinander abzustimmen sind. Wie bei der Materialwahl
ist bei der Umsetzung des Tiny Bathrooms Qualität das entscheidende Kriterium.
Hier bleibt nichts dem Zufall überlassen, um auf kleinstem Raum ein Maximum an
Funktionalität, Komfort und Ästhetik zu schaffen. Die Bereitstellung von
Bewegungsflächen in einem Tiny Bathroom stellt zweifelsohne die größte
Herausforderung bei der Badplanung dar.
„Auf der ISH 2023 werden wir zahlreiche Neuheiten für
das Tiny Bathroom sehen. Doch die Produktlösungen der Industrie können beim
Tiny Bathroom nur erste Anregungen sein“, beschreibt Jens J. Wischmann die
Herausforderungen bei der Badplanung. „Das Tiny Bathroom ist auf die
Kreativität und den Einfallsreichtum des Handwerkers angewiesen. Hier gilt es jede
Freifläche zu nutzen – es geht beim Tiny Bathroom um jeden Millimeter bei der
Badplanung.“