Top-Trend Outdoor-Badezimmer: Auf Tuchfühlung mit der Natur

Immer mehr Menschen sehnen sich nach mehr Naturnähe, besonders
vor dem Hintergrund von Klimawandel, Artensterben und Corona. Wir treffen
unsere Freunde wieder mehr im Freien, suchen beim Outdoor-Sport ein
Gegengewicht zu unserem digitalisierten Alltag, hegen passioniert Garten und
Bienenwiese und gehen sogar „Waldbaden“.
Das hat auch Einfluss auf den Einrichtungsmarkt. So gewinnt
etwa der Trend zum „zweiten Wohnzimmer“ weiter an Fahrt: Terrasse und Garten
werden in unserer Wohnkultur immer wichtiger und mit hochwertigen Möbeln wohnlich
gestaltet, und spätestens mit dem BBQ-Boom gehört eine Outdoor-Küche zur begehrten
Exklusivausstattung. Aus Sehnsucht nach einem Erlebnis von Natürlichkeit und Authentizität
scheint nun ein weiterer Wohnbereich nach außen verlagert zu werden: Das
Outdoor-Badezimmer ist für viele ein lang gehegter Wunsch. Wo sonst könnte man
sich der Natur so nah fühlen?
Sie könnte ganz anders aussehen, die morgendliche Toilette: Die
Doppelflügeltüren zur Terrasse werden geöffnet, erste morgendliche Sonnenstrahlen
durchfluten das Badezimmer und der Morgentau prickelt unter nackten Füße beim kurzen
Gang über Steinplatten und Rasen, während man die frische Luft auf der bloßen
Haut fühlt. Die Vorstellung eines Badezimmers unter freiem Himmel ist mehr als
eine moderne, aus urbaner Naturentfremdung geborene Fantasie – schließlich hat sie
lange kulturhistorische Wurzeln. Die Morgentoilette am Fluss, der erfrischende
Sprung in einen See am Abend, der einsame Gang zur Außentoilette oder die kalte
Katzenwäsche an der Pumpe im Hof sind alltägliche Rituale, die in unserer
Zivilisationsgeschichte gar nicht so weit zurückliegen. In vielen Ländern und Kulturen
gehören sie auch heute noch zum Alltag. Ein guter Teil der neuen Faszination an
einem Outdoor-Badezimmer mag an der Rückbesinnung auf diese Wurzeln liegen, die
mit Einfachheit, Ursprünglichkeit und Robustheit verbunden werden.
Nur so tun als ob oder „echtes“ Outdoor-Badezimmer?

Durch
großzügige Glasflächen, Türen oder Fenster ins Grüne kann der Architekt oder Badplaner den Eindruck einer Öffnung des
Badezimmers zur Natur erzielen.
Foto: burgbad
Gesucht wird dabei nicht die Abkehr von der Moderne oder der
Zivilisation, sondern eine Alternative zu ihr. Schließlich kamen mit dem Netz
aus Zuleitungs- und Abwasserrohren und der Verlegung von Toilette und Bad ins
Innere des Hauses nicht nur Hygiene, sondern auch ein Stück Luxus ins moderne
Leben. Und so möchte auch im neuen Outdoor-Badezimmer niemand auf den etablierten
Komfort verzichten. Dennoch ist der Trend zum Outdoor-Badezimmer mehr als nur
ein Luftschloss – es kommt nur darauf an, wie er umgesetzt wird. Zwischen einem
„echten“ Outdoor-Badezimmer mit Sanitärinstallationen für Außendusche und
Waschtisch, über einen überdachten Außenbereich, einen Innenhof mit Tauchbecken
oder ein Bad mit Terrassenanschluss bis hin zum normalen Innenbadezimmer mit
Dschungel-Feeling gibt es unendlich viele Zwischentöne.
„Ein echtes Outdoor-Badezimmer umzusetzen ist zweifellos
eine Herausforderung“, gibt Jens J. Wischmann, Geschäftsführer der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft e.V. (VDS), denn
auch zu bedenken. „Im Winter können im Außenbereich installierte wasserführende
Produkte nicht genutzt werden, sie müssen gegen Frost gesichert sein. Auch
energetisch muss ein mit Warmwasser versorgtes Außenbadezimmer eher kritisch
bewertet werden. Auf ein innenliegendes Badezimmer kann man – jedenfalls in
unseren Breitengraden – einfach nicht verzichten.“ Wenn man das akzeptiert,
bleiben trotzdem noch genug Möglichkeiten, sich den Traum zu erfüllen, meint
der Branchenkenner. „Der aufkommende Wunsch nach einem zumindest teilweise
realisierten Bad im Außenbereich ist auf jeden Fall ernst zu nehmen“,
kommentiert Wischmann daher die Trendentwicklung. „Wenn Architektur und
Sanitärindustrie hierfür praktikable Angebote entwickeln, bin ich mir sicher,
dass sie angenommen werden.“
Architektonische Verbindung zur Natur herstellen

Ein Außen-Whirlpool erweitert das
Badezimmer nach draußen und das Badeerlebnis um eine Naturkomponente.
Foto:
Villeroy & Boch
Die Idee eines Outdoor-Badezimmers wird immer mehr zu einem
Thema, das Endkunden und Badplaner beschäftigt und nicht nur als originelles
Bad im Garten Umsetzung findet, sondern auch Einfluss auf die Gestaltung und
die Architektur von „normalen“ Badezimmern, insbesondere in Hotel-Bädern,
nimmt. Doch um den Effekt eines Outdoor-Badezimmers zu erzielen, muss es nicht
unbedingt draußen liegen. Bei einem Neubau oder einer Kernsanierung können
Badplaner und Architekten eine Verbindung des Badezimmers zum Außenbereich mit
relativ konventionellen Mitteln andeuten. So lässt sich schon durch großzügige
Glasflächen, Türen oder Fenster ins Grüne oder zu einem bepflanzten Innenhof der
Eindruck einer Öffnung des Badezimmers zur Natur erzielen. Eine unter dem
Dachfenster oder einem Oberlicht positionierte Badewanne schafft eine ganz
eigene Stimmung. Wer würde nicht gerne mal unter den Sternen baden? Auch die Verbindung
des Badezimmers zu einem Wintergarten erweitert das Raumgefühl zu einem
Outdoor-Badezimmer. Ein einheitlicher Fußboden, der die Zonen verbindet,
verstärkt den optischen Effekt.
Alternativ kann das Outdoor-Badezimmer sehr effektvoll in
einem ausrangierten Schuppen oder in einem sogenannten Tiny House untergebracht
werden. Wenn dann noch ein Kaminfeuer oder Ofen eingebaut wird, machen die
Integration von Wasser und das Spiel mit Wärme und Kälte den Aufenthalt zu
einem emotionalen Erlebnis, in dem verschiedene Elemente wie Wasser, Erde, Luft
und Wärme in einmaliger Weise zusammenkommen.
Ein Sommernachtstraum: Außen-Dusche und Waschtisch

Eine Dusche nach der Joggingrunde, ein Platz für die
Morgengymnastik oder, sich bei
frischer Luft abzuhärten – bei genauerem Hinsehen passt ein Outdoor-Badezimmer
perfekt in den Zeitgeist.
Foto: Constantin Meyer, VDS
Eine fest installierte Außendusche bietet einen echten
Mehrwert – gerne auch mit Heiß-/Kalt-Wasseranschluss für Warmduscher. Ein
Waschtisch mit Blick in den Garten oder den Wald macht eine Alltagsroutine zum
Ritual, das eine Verbindung zur Natur schafft. Eine Badewanne mit Aussicht oder
das Bad unter offenem Himmel bieten ein einmaliges Szenario für Naturliebhaber
und Romantiker.
Für
Fitness-Fans bietet das Outdoor-Badezimmer geradezu paradiesische Möglichkeiten.
Sei es die Dusche nach der Joggingrunde, ein Platz für die Morgengymnastik und
die Abendmeditation oder einfach der Gedanke, sich bei frischer Luft abzuhärten
– bei genauerem Hinsehen passt ein Outdoor-Badezimmer perfekt in den Zeitgeist.
Auch die Ideen und Anwendungen von Sebastian Kneipp können im
Outdoor-Badezimmer leicht umgesetzt werden. Die Wechselwirkung von kaltem und
warmem Wasser wird schon durch zwei verschiedene Becken oder mit einer
speziellen Kneipp-Brause erzielt. In Kombination mit weiteren Anwendungen wird
das Outdoor-Badezimmer zum Fitness-Zentrum an der frischen Luft, das auch eine
realistische Option für städtische Flachdächer darstellt.
Wellness in Schwimmbad, Outdoor-Whirlpool, Hot Tub und Außensauna

Die Integration einer Outdoor-Sauna ist dabei eine beliebte
Ausstattungsvariante.
Foto: Klafs
Der Wunsch nach einem privaten Außenpool, Schwimmbad oder –
besonders angesagt – einem Naturschwimmteich wächst seit einigen Jahren
kontinuierlich und entwickelt sich zu einem Top-Trend. Ein erhöhtes
Gesundheitsbewusstsein, das wachsende Verlangen nach einem authentischen
Naturerlebnis, steigende Temperaturen und nicht zuletzt die Corona-Krise lassen
den heimischen Pool als Urlaubserlebnis mit Langzeitgarantie erscheinen. In
einem Outdoor-Whirlpool wird der Körper sanft von warmem Wasser umschmeichelt
und wirkt fast schwerelos; schnell lösen sich Anspannungen, und tiefe
Entspannung kann sich einstellen. Die angenehme Hydromassage lockert die
Muskeln und löst Verspannungen, während der freie Blick in die Natur in
Verbindung mit der frischen Luft neue Energie spendet – und das bei einer
ganzjährigen Nutzung. Dies gilt auch für eine Außensauna: Hier macht die
Nutzung in der kalten Jahreszeit sogar noch mehr Spaß. Als Mini-Version der
Gartensauna liegt derzeit die urig wirkende Fasssauna im Trend. Ein heißes Bad
im Garten im ofenbeheizten Badezuber oder Hot Tub – mit der ganzen Familie oder
mit Freunden – hat schon fast Kultcharakter.
Aufenthaltsqualität erhöhen

Pflanzen,
Wintergärten, Hinterhöfe, Terrassen oder Oberlichter: Berührungspunkte mit der Natur
bringen natürliches Licht ins Bad und inspirieren Badplaner zur Integration
natürlicher Interior-Design-Elemente.
Foto: burgbad
Die Einbeziehung von Pflanzen in das Interior Design eines
Badezimmers unterstützt das Gefühl der Nähe zur Natur. Das Einrichtungsthema
„Outdoor“ lässt sich auch im innenliegenden Badzimmer gut weitererzählen. Neben
Tapeten mit floralen Mustern spielen auch Badezimmer-taugliche Pflanzen eine wichtige
Rolle. Auch die Farbe Grün übernimmt beim Interior Design ein wichtige
Gestaltungsaufgabe. Der Einsatz von natürlichen Materialien – etwa in Form von Badmöbeln
aus Massivholz, durch Verwendung von Holz bei der Wand- und Bodengestaltung, von
Keramik und Stein – unterstützt den „grünen“ Gedanken. Aber auch Stilelemente,
die auf exotische Kulturen, südliche Länder, ländliches Ambiente oder auf
Vorbilder wie historische Wintergärten verweisen, sind geeignete Mittel, um
Assoziationsbrücken zu einem naturnahen Leben zu bauen.
Mit der Beleuchtung erhält das Outdoor-Badezimmer eine
weitere Gestaltungsebene: Zum einen schafft sie im Interior Design Stimmung und
Emotionalität; doch auch im Außenbereich kann sie Akzente setzen. Eine Illuminierung
von Sträuchern oder Bäumen erweitert das Outdoor-Badzimmer optisch nach außen, und
der Garten bekommt in der Dämmerung oder in der Nacht eine zusätzliche Tiefe.
Egal, ob innen oder außen: An Ausstattungselementen
ist im Outdoor-Badezimmer alles erlaubt, was für den Einsatz auf Terrasse &
Co optimiert ist. Wasserfeste Teppiche tragen zur Wohnlichkeit bei, spezielle
Outdoorlampen bringen am Abend Licht ins Dunkel und eine Hängematte wird zum
Lieblingsplatz.
Statement für ein naturnahes Leben
Als Ausdruck einer Naturorientierung geht das
Outdoor-Badezimmer noch einen Schritt weiter als der „Green Bathroom“, in welchem
sich die Liebe zur Natur in erster Linie durch natürliche Ausstattungselemente
und nachhaltige Produkte ausdrückt. Das Outdoor-Badezimmer hingegen macht den
Schritt aus der Komfortzone hinaus nach draußen – oder deutet diesen Schritt
zumindest an. Und obwohl selbstverständlich auch bei seiner Ausstattung
Nachhaltigkeit und Brand Image eine Rolle spielen, ist es doch lustbetonter und
hedonistischer – wenn auch auf rustikaler Stilebene. Gleichzeitig ist die
Entscheidung für ein „echtes“ Outdoor-Badezimmer in seinem Statement für einen
bestimmten Lifestyle sicherlich ungewohnt radikal. Eben ein Bad für
Individualisten.