Interview Jens Wischmann Teil 2: „Ich appelliere an die Leistungsfähigkeit und die Kreativität unserer Installateure.“

04/13

    Die Entwicklung des Badezimmers hat einen Reifegrad erreicht, von dem aus alles möglich scheint. Das Produktdesign hat auf formaler Ebene zu einer großen Variantenbreite geführt und sucht nun vermehrt auf konzeptioneller Ebene nach neuen Ansatzpunkten. Im zweiten Teil des Interviews spricht Jens Wischmann über ganzheitliche Badplanung, das Bad als Gesundheitsort, die Bedürfnisse der Badbenutzer, kreative Beratungsansätze und darüber, die vielfältigen Möglichkeiten, die ein Badezimmer bietet, vor den Preis zu stellen. 

    Jens Wischmann, Geschäftsführer, Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) 

    Jens Wischmann ist Geschäftsführer der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft e.V. (VDS) sowie Geschäftsführer der Gesellschaft zur Förderung der Sanitärwirtschaft mbH, Bonn. Seit 2001 zeichnet er damit im Dachverband der deutschen Unternehmen im Bereich Bad und Sanitär verantwortlich für die gemeinsamen Interessen der Mitglieder in der Öffentlichkeit für den Lebensraum Bad. Vor dieser Tätigkeit war Wischmann Assistent des Vorstandes und der Hauptgeschäftsführung beim Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) in St. Augustin. Davor arbeitete er als Rechtsanwalt in der Kanzlei Prof. Dr. Hümmerich & Partner in Bonn. Jens Wischmann wurde 1966 im schleswig-holsteinischen Reinbek geboren und hat nach seiner Zeit als Zeitsoldat Rechtswissen¬schaf¬ten, Germanistik und Volkswirtschaft studiert. Wischmann hat seinen Executive MBA an der Kellogg-WHU/Otto Beisheim School of Management, Vallendar, erlangt. 

    Das wäre natürlich ein Weg, endlich mal aus dieser Preisdiskussion herauszukommen. Ist das Ihr Ziel – mit dem Kunden weniger über Preise zu reden als über das, was kreative Badplanung für einen Menschen leisten kann?

    Absolut, das genau ist einer der Ansätze, die wir verfolgen. Und ein ganz, ganz wichtiger Punkt dazu. Ich denke, unsere Branche steht unter anderem vor der Herausforderung, dass neue, preisaggressive Wettbewerber mit anderen Vertriebsformen sich einzelne Produkte aus dem Badbereich herauspicken und anbieten werden. Wir sagen: Darum kann es gar nicht gehen. Es geht nicht um einzelne Produkte oder Produktansammlungen, sondern um ganzheitlich geplante Bäder, die individuellen Bedürfnissen entsprechen und zu diesen Bedürfnisherausforderungen auch eine spezifische Antwort und eine wirkliche Lösung bieten. Das ist eine ganz andere Herangehensweise an das Thema Bad, und die Branche wäre gut beraten, diesen professionellen, ganzheitlichen Ansatz nach außen zu kommunizieren. Wir tun das nicht nur mit Pop up my Bathroom, sondern auch mit zahlreichen anderen Aktivitäten der VDS – wie zum Beispiel im Rahmen des „Tag des Bades“. Dabei wird deutlich, dass das Bad in die Hände von Profis gehört, die es managen, das Thema beherrschen und Bäder bauen, die diesem Anspruch gerecht werden. 

    Was soll man sich unter „Bedürfnissen“ konkret vorstellen? Können Sie ein Beispiel nennen?

    Ein Bedürfnis, das immer wichtiger wird, ist Unabhängigkeit und Komfort im Alter, und das ist wieder eng verknüpft mit dem Thema altersgerechte und gesundheitsorientierte Bäder. Dass die Bevölkerung immer älter wird, ist ja nichts Neues, das haben wir als Trend schon früher aufgegriffen. Ich glaube aber, dem Bad kommt als Auftrag, als Wohlfühl-, aber auch als Gesundheitsort eine viel größere Bedeutung zu, als vielen bislang bewusst ist. Wir müssen uns also fragen: Welche Gesundheitsbedürfnisse kann das Bad befriedigen? Ob es Wasseranwendungen sind, ob es das Thema Licht, das Thema Akustik ist, ob es ein Raum für Fitnessprogramme ist oder auch einfach nur das Thema Wärme am Morgen. Ich glaube, wir stehen da noch ganz am Anfang. Wir haben einige Produkte im Bad, die per se gesundheitsfördernde Wirkung haben, wie etwa Dampfbäder, Saunen und ganz allgemein Wasseranwendungen. Aber dieses Bad noch stärker daraufhin auszurichten, ohne dass es dabei einen medizinischen Anstrichbekommt – das ist eine spannende Aufgabe. 

    Führt das nicht zu weit weg von unserem Branchengeschäft?

    Ich appelliere an die Leistungsfähigkeit und die Kreativität unserer Installateure. Überlegen Sie doch mal, was man alles im Badezimmer machen kann! Mal abgesehen von den Grundbedürfnissen wie auf die Toilette zu gehen, zu duschen, sich zu waschen oder Zähne zu putzen kommt man bei genauerem Nachdenken leicht auf mindestens 50 Bedürfnisse: Kinder ausziehen oder sauber machen, sich schminken, ein Buch lesen, in Ruhe telefonieren oder mit der Familie Gemeinsames erleben sind nur einige Beispiele für Bedürfnisse, die der Badplaner in seiner Planung berücksichtigen kann. Wenn nun im Beratungsgespräch genau dieser Mehrwert kommuniziert wird, reden wir auf einmal nicht mehr über Preise, sondern über vielfältige Möglichkeiten. Damit eröffnen wir den Menschen mit ihrem neuen Badezimmer eine neue Welt.  

    Wie kann ein solcher Beratungsansatz im Kundendialog weiterentwickelt werden?

    Jeder Berater hat ein Musterbad im Kopf, wenn er sein Gegenüber einordnet. Es gilt aber, sich auf individuelle Bedürfnisse einzulassen. Dann entstehen ungewöhnliche Lösungen. Pop up my Bathroom will ja auch dem Verbraucher Mut machen, seine Bedürfnisse zu artikulieren. Im aktuellen Trend-Report Pop up my Bathroom haben wir nicht nur die drei Trends Busy Bathroom, Bathroom Bubble und Bathroom (R)Evolution genau beschrieben und mit umfangreichem Bildmaterial visualisiert, sondern auch ganz viele Bedürfnisse aufgezeigt, die nicht nur Anregungen für eine innovative und kreative Badplanung geben, sondern auch im Beratungsgespräch eine Rolle spielen können. Mit diesen Bedürfnissen kann der Planer aufzeigen, welche Möglichkeiten aus einem Badezimmer herausgeholt werden können. Aus meiner Sicht ein wirklich tolles Tool mit Mehrwert. 

     

    Hier geht es zu Teil 2 des Interviews. 

    Teil 3 des Interviews finden Sie hier.